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Die Flucht zum Grunde.
O vous, messeigneurs et mesdames,
Qui contemplez ceste painture,
Plaise vous prier pous les ämes
De ceulx qui sont en sepulture.
So schreibt er seine eigene Grabschrift. Nichts von Äonen, in
denen die Spur nicht untergeht.
De morte n’eschappe creature
Allez, venez, apres mourez,
Ceste vie c’y bien petit dure,
Faictes bien et le trouverez.
Dann Adam von Saint-Victor
und seine vollkommene Satz-Eurythmie. Diese Eurythmie Adams
mußte gefunden und ausgebildet sein, ehe Thomas von Aquin
die Eucharistie singen konnte. Und nun das Wunder:
Thomas von Aquin selbst.
Der größte Philosoph der Kirche ist auch ihr größter Dichter.
Eine Bemerkung drängt sich auf, die Gourmond sich hat ent
gehen lassen: daß alle diese Dichter nach Kunst und Symbol
desto höher stehen, je größere Philosophen und bedeutendere
Geister sie sind. Darin liegt bei ihnen ein absolutes und zuver
lässiges Gesetz: im Wort kulminieren Form, Intellekt und Per
son. Nicht aber begegnet, wie bei allen Neueren, eine Zerspal
tung dergestalt, daß jemand könne ein großer Dichter, aber ein
unbedeutender Geist, oder ein bedeutender Philosoph aber ein
kleiner und vertrockneter Mensch sein. Thomas hat das ganze
Offizium des hl. Sakramentes auf Befehl Urbans IV. komponiert.
Er wählte dazu die Schrift- und Väterstellen, er redigierte die
ganze Partie, die neu sein sollte: Hymnen, Prosa, Gebete, einige
Verse und Responsorien. So wurde er der Dichter des „Lauda,
Sion“ und des „Tantum ergo“.