Volltext: Die Flucht aus der Zeit

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Die Flucht zum Grunde. 
6. IV. Die Fehler, die man am andern entdeckt, sind oftmals nur die 
eigenen. Wer sich mit diesem Gedanken vertraut macht, hat 
großen Nutzen davon. 
* 
Das Leben reimt ohne Unterlaß, es übertreibt ohne Unter 
laß. Einer erfindet den andern täglich aufs neue und alle be 
wegen sich in der Illusion. Gemeinhin ist es ein holpernder 
Bänkelsang, eine Moritat, oder, wenns hochkommt, ein sen 
timentales Melodram. Aber es könnte auch ein Sinngedicht 
und eine Tragödie göttlicher Stichworte sein. Dies hängt vom 
Talente der Mitspieler, von der Gunst des Schauplatzes, und 
nicht zuletzt von der Gnade dessen ab, der das Spiel vorsieht 
und es leitet. 
* 
9. IV. In den Abendstunden lese ich Strindbergs „Inferno“. Es ist 
ein sehr persönliches, genialisches Inferno, ganz im Privaten 
wirkend. Man kann ihn nicht recht bedauern, weil man eine 
Verbohrtheit empfindet und auch merkt, daß er bereit ist, sogar 
aus wirklichen Leiden Nahrung für seine Eitelkeit zu ziehen. 
Swedenborg hat es ihm angetan. Und wie bei jenem, so reichen 
auch hier die Hiob, Saul und Jacob gerade noch aus, als Beispiel 
zu dienen für allerhand Eigenheiten und Schrullen. Welche 
Finessen er aufwendet, um interessant zu erscheinen. Wie ver 
geblich ist er bemüht, all seinen Damen, Tanten und Schwieger 
müttern dämonisches Licht zu geben. Sein Buch ist ein bestän 
diger Appell, sich seiner mittels Schreck und Bewunderung anzu 
nehmen. Was verschlägt es aber? Was sind noch unsere persön 
lichen Leiden (von den privaten gar nicht zu reden). 
* 
10. IV. ,Fürchtet den, welcher, nachdem er getötet hat, auch die 
Macht besitzt, in die Hölle zu werfen' (Lukas 12, 1—8).
	        
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