Volltext: Die Flucht aus der Zeit

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Die Kulisse. 
ihm mit einem aus Neugier und Mitleid gemischten Interesse 
den Menschen vermuten, der bis zur völligen Unkenntlichkeit, 
bis zur völligen Unwiederbringlichkeit, bis zum Verderben von 
Qualen entstellt ist. Es ist ein hart Ding, eine ewige Verdammnis 
glauben zu müssen. Glaubt man nämlich an eine unendliche Ver 
letzlichkeit des Guten und Schönen, so kann man mit jedem 
Atemzug, mit jeder entfallenden Geste töten, lügen, rauben und 
ehebrechen, und die Wahrscheinlichkeit, daß man der Böse in 
Person ist, hat mancherlei für sich, selbst wenn man als Ausbund 
der Frömmigkeit gälte. Eine sorgfältige Selbstbetrachtung und 
mehr noch, ein auch nur mäßiges Wissen um die Zerbrechliche 
keit menschlicher Träume, legen den Wunsch nahe, das letzte 
Gericht möchte mit äußerster Schonung und Milde gehandhabt 
werden. 
* 
23. XI. „Melanchthon“ von Ellinger, 1902, enthält interessante Dinge 
über die Humanisten und die Reformation. Zum Beispiel: 
,Die allgemeine Abkehr von den humanistischen Idealen, der 
Verfall der Universitäten, das Treiben mancher Prädikanten mußte 
in ihnen (den Humanisten allgemein) die Vorstellung erwecken: 
daß die reformatorische Lehre, von der sie eine Bekämpfung der 
Barbarei erwartet hatten, die geistige Finsternis nur noch ver 
stärkte; der alte Widerwille, den diese Geistesaristokraten den 
,stinkenden Kutten' (es sind wohl die bildungsfeindlichen Fran 
ziskaner gemeint) entgegengebracht hatten, wandte sich ganz 
naturgemäß gegen die neuen Verächter der Wissenschaft und 
legte die Frage nahe, ob der Gewaltherrschaft dieser Leute gegen 
über nicht die früheren kirchlichen Zustände vorzuziehen seien'. 
1523 erscheint Melanchthons „Nutzen der Beredsamkeit“ 
1524 Erasmus’ Buch „Vom freien Willen“ 
1525 Luthers „Vom unfreien Willen“ 
1526 Erasmus scharfe Gegenschrift „Verteidigungsschild“.
	        
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