12
auserwähltem Volk ein armseliges Dasein geführt, der
Schrei, der nach einem Schrei der Befreiung und Mensch
lichkeit klang, die Wut, die eine Explosion des Geistes
zu verkünden schien — sie alle sind erstickt und erdrosselt
worden: der deutsche Spieler ist wieder da, gesünder als
vorher, blonder als vorher, teutscher als vorher. In allen
bekannten Formen und Ausgaben ist er wieder da. Als
Offizier schnarrt er seine bekannten Phrasen, als Kaufmann
treibt er dieselbe Ausbeutung, als Student ist er derselbe
Tölpel und Feind aller Geistigkeit. Wir können uns freuen,
unser Deutschtum ist gerettet. Die Ruhe und Ordnung ist
wieder hergestellt. Von allen Seiten eilen die Herren
herbei, um dabei zu sein, wenn man gegen Bezahlung
auf dem Boden der Regierung steht. Es lebe die Regierung
Ebert-Scheidemann. Die Idee der Revolution ist in Ordnung
gebracht, reglementiert und rationiert. Der deutsche Spieler,
gegen dessen Vitalität alle aniiken Ungeheuer zusammen
genommen anämische Jungfrauen sind, hat das getan, was
er seiner Natur und seinem Beruf nach seit Jahrhunderten
(solange es eine deutsche Geschichte gibt) getan hat —
er hat sich einer Idee, die ihm gefährlich wurde, mit
erstaunlicher Heimtücke bemächtigt, um sie zu verwässern
und zu erledigen. Die Erledigung der Revolution vom
9. November ist das Glanzstück des deutschen Spielers —
da reicht nichts heran, meine Herren. Es lebe die Freiheit,
meine Herren; denn wie sagt schon unser großer Dichter:
Nichts für ungut.
Worauf es ankomml
Das ist eine schwierige Frage für den ruhig essenden
Bürger angesichts chaotisch sich überstürzender Dinge,
labyrintisdi verzerrter Hinweise, einer Zukunft, die über
Glacis, Falltreppen und Wolfsgruben erreicht werden mufj.
Es ist aber heute Gott sei Dank so, da| man seine Legiti
mation bei sich tragen mu{3, sei es ein Reiseerlaubnis
schein nach Köfeschenbroda, sei es ein Testament mit dem
Vermerk, da£ Kondolenzbesuche dankend verbeten sind.
Es ist eine herrliche Zeit für den Mann, der seine Ent
schlossenheit als Plakat auf seinem Bauch tragen kann;
durch seine Männerbrust hindurch sieht man das Löwen
herz schlagen oder die Leber pulsieren, die, wie Sie wissen,
schon bei den Alten hinsichtlich der Aufrichtigkeit eines
Mannes ausschlaggebend war. Worauf kommt es aber an
— frage ich Sie, geneigter Zuschauer, der Sie im Besifee
einer Freikarte sind. Worauf homml es an — fragen mich
die zahllosen Scharen der Halbwüchsigen und Unent
schlossenen, die täglich mit der untergehenden Sonne