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Geistes geschaffen hat. Wieviel befreiende Ehrlichkeit
und anständige Schamlosigkeit liegt darin, die Literatur
als einen Handel aufzufassen. Die Literaten haben ihre
Diebesehre und ihre „Zinken“ — im internationalen
Verkehr, in den Winkeln der Hotelfoyers, und in den
Speisewagen der Mitropa fällt die Maske des Geistes
schnell, man hat zu wenig Zeit, um sich die Ideologie
vorzubinden, die dem anderen gefallen könnte. Manolescu,
der große Eloteldieb, hat Memoiren geschrieben, die hin
sichtlich der Diktion und des „esprit" höher stehen als alle
deutschen Memoirenwerke, die der Krieg hervorgebracht
hat. Die Elastizität ist alles. Marinetti hat sehr viel von
dem kommenden großen Literaturmagier, der ebensogut
Golf spielt als er über Mallarme plaudert, oder wenn
es sein muß, altphilologische Betrachtungen anstellt und
dabei doch weiß, welcher Dame der Gesellschaft er
ein Engagement zu zweien anbieten kann. Der deutsche
Dichter ist der typische Depp, der einen akademischen
Begriff von „Geist" mit sich herumträgt, nach Bedarf,
Kommunismus, Zionismus, Sozialismus andichfet und sich
dabei wundert, was ihm die Muse für Fähigkeiten ver
liehen hat. Der deutsche Dichter hat die Dichtung ge
pachtet. Er meint, das müßte alles so sein. Er begreift
nicht, welch ungeheueren Humbug die Welt mit dem
„Geist" treibt und daß es gut ist, daß Humbug damit
getrieben wird, ln seinem Kopf besteht eine Klimax,
die den amusischen Menschen, was mehr oder weniger
auf den ungebildeten Menschen herauskommt, an die
tiefste Stelle und den Geistling, den Hasenclever, die
Schillernatur, die sich nach dem Ätherischen sehnt, an
die höchste Stelle rückt. Das ist einmal so. Man höre
nur den alten Schopenhauer darüber in seinem „Parerga",
wie eingebildet der Deutsche auf seine Bildung ist und
man begreift, wenn man Psychologe ist, die Komik und
die ganze Aussichtslosigkeit des deutschen Dichters. Der
deutsche Dichter, der auch Veilchen meint, wenn er Blut
hund sagt, der Spießer über dem Spießer, der geborene