9 
Geistes geschaffen hat. Wieviel befreiende Ehrlichkeit 
und anständige Schamlosigkeit liegt darin, die Literatur 
als einen Handel aufzufassen. Die Literaten haben ihre 
Diebesehre und ihre „Zinken“ — im internationalen 
Verkehr, in den Winkeln der Hotelfoyers, und in den 
Speisewagen der Mitropa fällt die Maske des Geistes 
schnell, man hat zu wenig Zeit, um sich die Ideologie 
vorzubinden, die dem anderen gefallen könnte. Manolescu, 
der große Eloteldieb, hat Memoiren geschrieben, die hin 
sichtlich der Diktion und des „esprit" höher stehen als alle 
deutschen Memoirenwerke, die der Krieg hervorgebracht 
hat. Die Elastizität ist alles. Marinetti hat sehr viel von 
dem kommenden großen Literaturmagier, der ebensogut 
Golf spielt als er über Mallarme plaudert, oder wenn 
es sein muß, altphilologische Betrachtungen anstellt und 
dabei doch weiß, welcher Dame der Gesellschaft er 
ein Engagement zu zweien anbieten kann. Der deutsche 
Dichter ist der typische Depp, der einen akademischen 
Begriff von „Geist" mit sich herumträgt, nach Bedarf, 
Kommunismus, Zionismus, Sozialismus andichfet und sich 
dabei wundert, was ihm die Muse für Fähigkeiten ver 
liehen hat. Der deutsche Dichter hat die Dichtung ge 
pachtet. Er meint, das müßte alles so sein. Er begreift 
nicht, welch ungeheueren Humbug die Welt mit dem 
„Geist" treibt und daß es gut ist, daß Humbug damit 
getrieben wird, ln seinem Kopf besteht eine Klimax, 
die den amusischen Menschen, was mehr oder weniger 
auf den ungebildeten Menschen herauskommt, an die 
tiefste Stelle und den Geistling, den Hasenclever, die 
Schillernatur, die sich nach dem Ätherischen sehnt, an 
die höchste Stelle rückt. Das ist einmal so. Man höre 
nur den alten Schopenhauer darüber in seinem „Parerga", 
wie eingebildet der Deutsche auf seine Bildung ist und 
man begreift, wenn man Psychologe ist, die Komik und 
die ganze Aussichtslosigkeit des deutschen Dichters. Der 
deutsche Dichter, der auch Veilchen meint, wenn er Blut 
hund sagt, der Spießer über dem Spießer, der geborene
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.