io
Abstraktling, der Expressionist — ihn wollte Tzara gewiß
nicht, als er aus dem Dadaismus eine abstrakte Kunst
richtung machte, aber er hat doch niemals begriffen,
was es heißt, mit dem Revolver in der Tasche Literatur
machen.
Mit dem Revolver in der Tasche Literatur machen war
eine Zeitlang meine Sehnsucht gewesen. Etwas wie ein
Raubritter der Feder, ein moderner Ulrich von Hutten —
| #
das war das Bild gewesen, das ich mir von einem Da
daisten machte. Der Dadaist sollte eine große Verachtung
für diejenigen haben, die im „Geist" ein Tuskulum und
eine Retirade für ihre eigenen Schwächen fanden. Der
Philosoph in der Dachstube war eine längst überwundene
Angelegenheit — aber auch der Kunstgewerbler, der
Literat des Cafes, der „feinsinnige" Kopf, der in guter
Gesellschaft witzige Pointen zum Besten gab, der Mensch
im ganzen, der durch intellektuelle Leistung irgendwie
zu erschüttern war, der in geistigen Dingen eine will
kommene Beschränkung fand, die ihn nach seiner Ansicht
vor den übrigen Menschen besonders wertvoll machte —
er sollte möglichst das Gegenteil von einem Dadaisten
sein, ln den Städten saßen sie, malten ihre Bildchen,
drechselten ihre Verse und waren ihrer ganzen mensch
lichen Struktur nach trostlos deformiert, mit schwachen
Muskeln, uninteressiert für die Dinge des Tages,
Feinde der Reklame, Feinde der Straße, des Bluffs und
der großen Transaktionen, die täglich das Leben von
Tausenden in Frage stellten, ja, das Leben! Der Dadaist
liebt das. Leben, weil er es täglich wegwerfen kann,
ihm ist der Tod eine dadaistische Angelegenheit. Der
Dadaist sieht in den Tag mit dem Bewußtsein, daß ihm
heute ein Blumentopf auf den Kopf fallen kann, er ist
naiv, er liebt die Geräusche des Metropolitain, er ist
ein Habitue in Cooks Reisebureau und kennt die Praktiken
der Engelmacherinnen, die hinter den fest verschlossenen
Gardinen die Föten auf Löschpapier trocknen, um sie
dann als Malzkaffee zerrieben in den Handel zu bringen.