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gegen den Expressionismus. Das erstevon mirgeschriebene
deutsche Dada-Manifest enthält die Sätze. „Die Kunst
ist in ihrer Ausführung und Richtung von der Zeit ab
hängig, in der sie lebt, und die Künstler sind Kreaturen
ihrer Epoche. Die höchste Kunst wird diejenige sein,
die in ihren Bewußtseinsinhalten die tausendfachen Pro
bleme der Zeit präsentiert, der man anmerkt, daß sie
sich von den Explosionen der letzten Woche werfen ließ,
die ihre Glieder immer wieder unter dem Stoß des letzten
Tages zusammensucht. Die besten und unerhörtesten
Künstler werden diejenigen sein, die stündlich die Fetzen
ihres Leibes aus dem Wirrsal der Lebenskatarakte zu
sammenreißen, verbissen in den Intellekt der Zeit, blutend
an Händen und Herzen. Hat der Expressionismus unsere
Erwartungen auf eine solche Kunst erfüllt, die eine Bal-
lotage unserer vitalsten Angelegenheiten ist? Nein!
Nein! Nein! Haben die Expressionisten unsere Er
wartungen auf eine Kunst erfüllt, die uns die Essenz des
Lebens ins Fleisch brennt? Nein! Nein! Nein! Unter
dem Vorwand der Verinnerlichung haben sich die Ex
pressionisten in der Literatur und in der Malerei zu
einer Generation zusammengeschlossen, die heute schon
sehnsüchtig ihre literatur- und kunsthistorische Würdigung
erwartet und für eine ehrenvolle Bürger-Anerkennung
kandidiert. Unter dem Vorwand, die Seele zu propa
gieren, haben sie sich im Kampf gegen den Naturalismus
zu den abstrakt-pathetischen Gesten zurückgefunden, die
ein inhaltloses, bequemes und unbewegtes Leben zur
Voraussetzung haben. Die Bühnen füllen sich mit Kö
nigen, Dichtern und faustischen Naturen jeder Art, die
Theorie einer melioristischen Weltauffassung, deren psy
chologisch naive Manier für eine kritische Ergänzung
des Expressionismus signifikant bleiben muß, durchgeistert
die tatenlosen Köpfe. Der Haß gegen die Presse, der
Haß gegen die Reklame, der Haß gegen die Sensation
spricht für Menschen, denen ihr Sessel wichtiger ist als
der Lärm der Straße und die sich einen Vorzug daraus