preußische Ideal ist des modernen Menschen Herr geworden. Das war
möglich, weil er vollkommen unschöpferisch und weil es älter, stärker, edler ist.
Der moderne Mensch will erliegen bis zur Selbstvergessenheit: das leistete ihm
der Krieg, als das Verhängnis der allgemeinen Vernichtung. Und er will einer
Lage endlich einmal gewachsen sein-. das leistete ihm das preußische Ideal, als
die errettende Kraft und Tugend. Ein Menschenalter schon — Freie Studenten-
schafr, Rulturpädagogik, Wandervogel, staatsbürgerliche Erziehung — hatte
das preußische Ideal und speziell Fichte fast zum Dominieren gebracht. Das
Unerhörte des Krieges ist, daß dem preußischen Ideal und Fichte der moderne
Geist selber, und das heißt ja ihr feindseligster Gegensatz, in einem großen
Rausche anheimgefallen ist. Er ist das Weib, das dem stärksten Manne sich
ergibt. Von dem hängt es nun ab, was aus ihr noch werden kann.
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Krieg kann nicht mehr schaffen, ein wie hoher wert er selbst sei. Er
wird weltgeschichtliche Folgen haben, für die Geschichte des Menschen bedeutet
er wenig. Da herrscht noch die Selbsttäuschung der Berauschten. Die Fülle,
die sie fühlen, halten sie für schöpferisch. Es ist aber eine jähe Iugendwallung
einer alternden Welt. Auf lS7S folgten die Gründerjahre. Jetzt wird dasselbe
im Weltstile folgen, durch Masse, Macht und Feuer unkenntlicher geworden.
Daneben lebt das Junge, nach wie vor: die neuen Werre, der neue Mensch,
die neue Welt. Aber das bleibt geheim und mißkennt oder verwechselt sich.
Es ist mehr davon in der echten und großen Däcadenee und im europäischen
Nihilismus als in all dem positiven, was jetzt triumphiert und die Außen-
Zukunft glänzend gestalten wird. Es wäre sinnlos hieran zu erinnern, wenn
nicht die verzweifelte Hoffnung bliebe, daß mancher dadurch an sich selbst er
innert und in seinem Einsamsten und Besten bestärkt wird. Der Geist braucht
noch tausend Jahre unterirdische Arbeit, bis er dazu reif geworden ist, feine
Erdherrschaft anzutreten.
Rudolf pannwiy
US