In hundert Jahren lacht eine andere Welt über unsere Börse, über unsere
Regelvereine und über unsere Narren, was bleibt, sind ja doch nur die pae
wenigen, bei denen eine Begabung in einen Tempel der Persönlichkeit fiel.
Aber jetzt zetern die Schneider und die Handlungsreisenden und die Vertreter
bester Auslandshäuser und die Europäer und Zukunftszwischenhändler und die
Inhaber von Umschlagsplätzen: die Börse sei bedroht. Sie erklären Krieg
dem Kriege. Krieg auch denen, die aus dem Krieg — Profit ahnen.
Die Heimatkünstler reiben sich die Hände. Kalkulieren: ihr Weizen blühe.
Deutscher Sieg, deutsche Vormacht. Gesteigerter Konsum, gesteigerte Produktion,
gesteigerter Export der Ware. Sie erweitern schon die Werkstatt, was ein
bändig geplant war, wird dreibändig werden.
Für die Schneiderkunst, die Europakunft, darf der Krieg nichts bedeuten, als
mehr Zwirn, lies: das große Erlebnis. Die neuen Frühjahrsmoden sind an
gekündigt: psychologische Dessous werden sparsamer, Gefuhlsärmel enger, der
Rock der Sprache fußfrei. Die Futterstoffe werden sichtbar getragen.
Übrigens ist der Krieg tunlichst zu übersehen, tunlichst unschädlich zu machen.
Denn wir haben Gebrauchsmusterschutz auf unsere Marke: Weltliteratur.
Sie haben ja alle recht, die den Markt kennen. Konjunktur in Schollenware ist gut.
Konjunktur in französischem Ncukatholizismus, belgischem Mystizismus, englisch
ironischem Skeptizismus, russischem Kub- und italienischem Futurismus flau.
Aber horch! Sie reden vom künftigen Imperialismus des deutschen Geistes.
Es wäre ein schönes Wort: kaiserlich die Welt zu durchleben, kaiserlich zu
schalten, kaiserlich zu schenken, einzudeutschen, was deutschen Geistes wert ist.
Schade. Ihr Zukunftsplan ist nicht jenes heimliche Kaisertum deutschen
Geistes, das vor hundert Jahren den Shakespeare im Sturm nahm und deutsch
machte. Zu sehr ist „Imperialismus" ein Schlagwort der Handlungsbefiissenen
geworden. Ach, ihr Schneider wollt uns die Kunst der Tahiti-Insulaner er
obern, damit vielmehr wir primitiv werden.
Euer Königtum ist das des tapferen Schneiderleins. Legt euch zu Bett mit
allen neun königlichen Musen, so bleibet ihr Schneider und verratet'» im Schlaf.
pfui über die Kriegsbarbaren, die das feindliche Ausland, die poiret und
Liberty boykottieren wollen!
Recht so. Schneider, wehrt euch gegen die Provinzialhandelskammern der
Heimatzünftler I
Ein pereat den Vaterlandslosen, die den gesinnungsneutralen Betrieb ihres
Zwischenhandels nicht einstellen wollen!
Recht so, Einheimische, laßt die schöne Gelegenheit nicht ungenützt ver
streichen, den mit internationalem Aktienkapital umgetriebenen Warenhäusern
die Kundschaft abzujagen!