Full text: 1914-1916 (1914-1916)

3« allen Ameisenhäufcn ist das Wort „fieberhaft" wieder zu Ehren.gckommen. 
Der Stock des Krieges bohrt fürchterlich in ihren Wohnungen und die reichste 
Eierernte ist bedroht: wer wird unsere Rinder lehren, Verharren, —, —, —, 
nun, ihr wißt schon: alle marktgängigen Vorder- und Hinrerindier zu ehren, 
zu kaufen und nachzuahmen? Imperialisten! 
Aber wie? Ist kein Burgfriede? Den kunstübenden Reserveoffizieren ist die 
Begeisterungsader bis zum pulsieren in entfesselten, feierlichen Rhytmen ge 
schwollen, Hellerauer Tanzkinder haben wieder deutsche Beine bekommen und 
Griffel, die Zeit ihres Lebens nichts griffeln konnten, als expressionistische Huren 
und impressionistische Ruhschwänze bei Sonnenuntergang, griffeln jetzt den 
Heldentod und die Drohgebärde der Mutter Germania. 
Denn wer jetzt nicht erlebt, jeyr nicht erlebt — nun, an dem sind Hopfen 
und Malz verloren! 
Lieben Leute, regt euch nicht auf bis zum Schlagfluß, bis zum Schaum vor 
dem Munde, wenn ihr irgend könnt, zieht als Kriegsfreiwillige zu Felde. Viel 
leicht, daß ihr dort noch zu was nütze seid. Denn es bleibt alles beim Alten: 
die Heimatbaucrn bauen Heimatkohl. Die Handelshäuser handeln Auslands- 
wäre, die Kunstschneider retten sich Paris, Brüssel, Moskau und Lemberg aus 
dem großen Zusammenbruch des Friedens. Und die paar Leute, wenn es sie gibt, 
die still in ihrem Wesen ruhen können, weil es weit, reich, tief und unerschütterlich 
ist, werden in sich bleiben, nicht fortschreiten, nicht zurückschreiten. Und wenn 
zufällig Begabung auf sie fiel, werden diese Einzigen, wie seit Weltanfang, 
Kunst machen. 
Heimatbauern: Merkt, sie werden deutsch sein, deutscher, als ihr, weil ohne- 
ein Auge auf den Markt. Deutsch, weil deutsch geboren und deutsch, weil aus 
innerer Stärke und Schwere bis zum Tode deutsch geblieben, trotz unablässigen 
Aneignen« fernsten Menschentums. 
war denn Goethe ein Grieche? Hölderlin ein Grieche, weil an Griechheit 
gesättigt? Starke Deutsche von Umfang, weiter nichts! 
Schneiderseelen, Kunsthändler, Genossenschaftseuropäer: Merkt, sie werden 
europäisch, ja viel mehr als das, sie werden kosmisch sein, kosmischer, als je 
einer von euch, der sich ein Universum dünkt, weil er auf Montmartre einen 
Absinth geschluckt und weil er auf Honolulu ein aussterbendes Ranakenmädchen 
zur Seelenfreundin gehabt hat. Merkt, vom Fressen bekommt ihr zuletzt nur 
dicke Bäuche: und es tritt die Ueberbeleibtheit der Kunst- und Bildungsphilister 
zutage, das Schmalz der Händler mit geistiger Ware, der Zuschneider aus 
ländischer Modehäuser. 
Ist etwa Grünewald ein Heimatkünstler gewesen? Bach oder Mörike ein 
Heimatkünftler, weil zeitlebens baumhaft in Heimaterde gewurzelt? Ja; wenn 
der Himmel über ihrem Stück Erde, in dem sie bauten, und der über dem Chinesen 
Laorse nicht anders gewölbt war, als über ihnen, Heimat derBerufenen heißen darf.
	        
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