(Auf der Bühne vorne in kleinem Abstand voneinander die Erzengel Michael
und Gabriel, in dunklen starren Gewändern. Schicklich im Raume der heilige
Andreas im reifen Mannesalter, der heilige Sergius, ein Greis, die Jungfrau
von Orleans im Brustpanzer mit der Fahne und der heilige Georg in vollem
Panzer. Michael hält das Schwert, Gabriel den Schild.)
^I^i ch ael: In großer Wirrnis lagen die Erdengeschöpfe, so Hirten wie Herde,
und lebten in währendem Verluste am Rande der Finsternis. Gabriel: Ver
loren waren die Schlüssel zu den himmlischen Inzeichen des Herzens, denn
blind ist der Glaube, das Herz aber ist sehend. Michael: Abgefallen von
dem, der sie schuf, waren sie Feinde sich selber und waren Feinde einander in
tausend Waffen. Gabriel: Falsche Liebe war es, die sie verband, und
falscher Haß war es, der sie trennte, und sie wußten nicht, da sie alles wissend
sich dünkten. Und schritten im Hochmut ihres Wissens. Michael: Da ver
hüllte der Herr sein Haupt und wandte sich ab von dem Erstling seiner
Schöpfung, wandte sich ab von der Erde, und der Himmel sprach nicht mehr
zu ihr. Gabriel: wo aber der Himmel nicht mehr spricht im Herzen, da
schreit die Erde, und der Erde Herz ist eine klopfende Wunde geworden.
Michael: Doch des Allmächtigen Auge ruht längst auf anderer Sterne Ge
schöpfen, die Er schuf, da die Erblichen ihn verließen. Gabriel: Nur
Euer Bitten, Ihr, die Ihr Gott mehr liebtet als das Leben, Ihr bewege
Sein Erbarmen in Zeiten Eurer höchsten Not. Michael: Denn die Güte
des Herrn ist ohne Maß und ohne Ende. Gabriel: Und Er gibt um
Euretwillen dem Schreien der Erdgeschöpfe sein Ohr, Ihr heilige Mittler
dessen, was die Menschen ihr Beten nennen. Michael: Die Tore des Him
mels sind Eurer Fürsprache aufgetan. Gabriel: Bringt, was unten Eure
Menschen rufen, vor den Thron des Allmächtigen. Michael: Daß Du für
sie bittest, hör' was sie beten.
(Unter der Bühne schwermütiges Singen wie bei einer Prozession, in das sich
Rufen, Schreien, Peitschenknallen und Flüchen mischen.)
Sergius (nach einer weile): Sie sagen, o Herr in den Höhen, daß sie Dir
dienten in vielen zehntausend Kirchen und Rapellen und daß sie Dir Lichter
und Bilder weihten ohne Zahl und nicht duldeten solche, die anders glaubten
als Dich. Sie sagen, daß sie um Deines Sohnes willen das schwere Joch
willig trugen, das ihnen auferlegten ihre Oberen und kaum daran rührten
um dessenrwillen, der für sie das Kreuz getragen. Sie sagen, daß sie nicht
freien willens feien um Deinetwillen, o Herr, und darum dumpf folgen dem
Geheiß ihrer Obern, denn alles Erdentum ist ihnen ein Ekel. Da sie so lebten,
das Leben für Dich zu töten, o Herr, bitten sie um den Sieg ihrer Waffen,
die sie tragen nach dem Gebot ihrer Herren, nicht nach ihrem eigenen willen.
Hab Erbarmen mit ihnen, o Herrl
(Die Erzengel lauschen nach der Höhe: ein mählich anschwellender und jäh in
höchster Stärke abbrechender Septimenakkord der Posaunen tönt hernieder.
Sergius verhüllt sein Haupt in den Händen.)