für Berlin hat die alte literarische Neigung der impressionistischen Generation
für Paris abgelöst und wenn das Scherzwort: „Er kann nicht mitreden, er
kommt aus der Provinz — aus Paris" auch ursprünglich ein Scherzwort ist:
in seinem Rern steckt eine sehr gefühlte Wahrheit. Die Jungen, die mit offenen
Augen in den letzten Jahren in Paris waren, hatten den Abstieg gesehen und
erkannt: dev Rrieg jetzt bestätigt sie. Man hat ihn nicht mit Unrecht den
„deutschen" Rrieg genannt; sein metaphysischer Sinn jenseits aller wirtschaft
lichen Rümpfe, und der eigentliche Grund des unerhörten Hasses, mit dem er
geführt wird, ist in der Tat der, daß es um den „deutschen Geist" geht, der
in den letzten Jahren so stark gewachsen und gestiegen ist, daß die alten Völker,
wie die jungen gemeinsam den Vernichtungskampf unternehmen. Das Sieges-
dewußtsein der Deutschen wächst in seinem letzten Grunde auf dem Instinkt für
ihr absolutes metaphysisches Recht, jenseits alles irdischen.
Für diese zwiefache Bestätigung, die der Verlauf der Geschichte dem neuen
Runstwollen gegeben hat, stattet dieses seinen Dank ab an dev Stelle, wo sich
die praktische und die geistige Existenz des Menschen am engsten duechdringen:
im Religiösen. Jeder Rrieg noch hat eine woge von Rirchlichkeit gebracht:
die Not der Zeit drängt immer irgendwie nach Erleichterung. Daß die Welle
neuer Religiosität, die seit den Augusttagen die deutschen Riechen füllt wie nie
zuvor, mehr bedeutet als nur dieses; daß sie einer tieferen Wurzel entspringt
als nur dem äußeren und inneren Druck: das beweisen die starken Triebe zum
Ausdruck eines neuen religiös bestimmten Weltgefühls, die sich in der Runst der
Jungen bereits lange vor Ausbruch des Rrieges regten. Allerorten regte sich
die Einsicht, daß es nicht so sehe darauf ankam, Runst zu machen, was am
Ende wirklich ein Luxus ist, sondern daß es galt, im Werk gewissermaßen unser
Weltgefühl zu verwirklichen, zu schaffen, wir hatten den großen, religiösen Sinn
des Mittelalters nicht mehr, der die Rirche zugleich als geistiges und als vor allem
zu schmückendes und damit zu gestaltendes Zentrum in den Mittelpunkt des Lebens
stellte: dafür empfanden wir sehr deutlich die Aufgabe, die neue werdende Re
ligiosität auch mit den Mitteln der Runst bauen zu helfen. Unsere Rirche war
noch nicht da, wir mußten sie im Suchen in uns erst erschaffen. Daran arbeiteten
vor dem Rriege die Besten, wenn auch vielleicht nur instinktiv: gerade das
aber beweist, daß die neue deutsche Frömmigkeit, die wir seitdem erleben, mehr
ist als nur ein Zeitgebilde der Nor. An dieser Stelle gibt die Runst dem Rriege
die Bestätigung zurück, die sie an anderer Stelle durch ihn empfängt, indem sie
die allgemeine, in der gesamten Zeitentwicklung schon vorbereitete Richtigkeit
und Notwendigkeit einer ihn stützenden und tragenden Gefühlswelle beweist, die
ohne diese Stützung in die Rolle eines Accidenz, einer bloßen Begleiterscheinung
zurücktreten müßte. Aus diesem Ineinander der wechselseitigen Bejahung aber
wächst trotz allen Greueln und allem Blut vertiefter und vertiefter die Er
kenntnis, daß zuletzt auch dieses alles in der Ökonomie des Absoluten einen
großen, starken Sinn haben muß. Paul Fechter
Herausgeber und verantwortlich für die Redaktion
Otto Haas-Heye
Berlin / pariser Play 7
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In Österreich für die Redaktion verantwortlich Hugo Heller, Wien, I,
Bauernmarkt 3