Du bist einer von den lichten,
von dem Aufgang roter Sonne,
was noch schwarz im Dunkeln geistert,
weicht von Dir zur Wolkenwende.
Ruhe schwankt zur Bank der Fäulnis,
Chaos mißt der Berge Abgrund,
Leben ist im Niedern trächtig,
Liebe giert und wird nicht schwanger,
Schaffen nur gibt Dir die Schöpfung,
schwebend in des Lichtes starken Stürmen
rein im Atem den Aether schirmen!
^^ampfist, Eurasien steht in Brand, und was in diesem Weltteil europäisch
fühlt, beginnt, um nicht als blinder Passagier seiner Nationalität mißkannt
zu werden, instinktiv immer stärker zum Ursprung, zu den wurzeln zurückzu
gehen. Bei aller Toleranz seines mehr kosmopolitischen als völkischen Grund
wesens dürfte Deutschland nach dem Erdkrieg manchem nur Ausländischen
abgeneigt sein und, hinweg von keineswegs gesandten, sondern geschickten Assi-
milanten und Friseuren, zu Lranach, Holbein, Rembrandt heimkehren. Aber es
ist besser, den lebenden Erben zu stützen, als Tote fruchtlos zu verehren. Diese
Maxime des Vaters Goethes möge veranlassen, zu betrachten, was heute unser
ist und in solchem Sinne sei hier auf Zeichnungen des ersten deutschen Malers
(unter den Lebenden) hingewiesen, auf Werke des Wieners Oskar Kokoschka.
Die ersten Rokoschkaeindrücke vermittelte mir die wiener Kunstschau (lSstS),
in der sich massiert hatte (um Klimt), was an wertvollen Kräften die Secession
verlassen mußte. Damals erregten die „Traumtragenden" Kokoschkas in Wien
Aufsehen, Eduard pötzl reihte den kriegsmutwilligen Wildling unter die
indianischen Maler ein, Bahr und Muther machten das Publikum ein wenig
gönnerhaft auf ihn aufmerksam, nachdem längst Adolf Loos eine Propa
ganda der Tat für Kokoschka begonnen hatte, was jung in Wien war, oder
Junges begreifen konnte, fing an, diesen ganz lichten Menschen hoch zu halten,
den die bald einsetzende herdenhafte Bewunderung eine Mode witternder Snobs
Gott sei Dank nicht in seinem Entwicklungswege zu beirren vermochte. Sein
ebenfalls ISstS (im Verlag der wiener Werkstätte) ans Licht gebrachtes Bilder
buch „Die träumenden Knaben" ist das schönste Dokument der unweg
samsten Künstlerjugend, die sich je Ln Wien austobte. Die an den Rand des
Bilderbuches geschriebenen Verse wären leicht einzustellen, die Flamen seiner
zahmeren Nachbaren Stefan George, Rilke, könnten einen ungefähren Begriff
von der gewiß autochthonen, weil selbst im Stilisierten unbeholfenen Art seiner
Lyrik geben, was ihn wegstellt von der raffinierten, bald steifen, bald reim
schäumenden Kunstdichtung der Genannten, ist: seine Rhythmen atmen wirkliche
Poesie, sie sind, gleich den Gedichten von Georg Trakl und Else Lasker-