554
mit flämischen Giebeln, und in einer Ecke unser Gasthaus, das einzige, das in
betracht kam, und in ihm wieder, im ersten Stock, das einzige große Zimmer mit
weißen Holzdielen und drei Fenstern, die auf den Platz gingen. Deswegen
glaube ich auch, daß Herr Feench oder Herr poincarL js beziehen, es bleibt
ihnen nichts anderes übrig.
wie Mister French aussieht, weiß ich nicht genau, aber daß der Bourgeois
präsident nicht so gute Figur macht wie die schlanke Jeanne, wenn sie auf
die weißen Dielen sprang und die gelben Vorhänge zurückzog, um die Sonne
hereinzulassen, ist gewiß.
wenn wie beim Frühstück saßen, war die Rühle des dunkeln Speisesaales
wunderschLn, weil hinten im Hof blühende Bäume im goldnen Lichte standen. Vier-
Frauen waren in der Wirtschaft tätig, vier Schwestern, und an der wand hing
eine gedruckte Familientafcl, woraus zu sehen war, daß sie noch zwanzig Ge
schwister hatten — ein Vater hatte sie mit drei Frauen gezeugt im Lande Rubens'.
Aber am nächsten Morgen saß noch ein Gast an einem Seitentischchen.
Er hatte eine kleine Mappe vor sich, und Bauer trat auf Bauer ein, um eines
dieser Papiere einzulösen: es war Markttag, und der Fremde ein Makler.
Vom Markt draußen, den wir schon in der Nacht geahnt hatten, weil
Gerüste aufgeschlagen worden waren, will ich nur zweierlei berichten.
Ein großes Schaufenster war ausgeräumt worden und darin stand ein
Stuhl. Auf dem Stuhl nahm wiederum Bauer auf Bauer Play und wurde
rasiert; ein Gehilfe schlug indessen den Schaum für den nächsten, waren die
Bauern fertig, so gingen sie hinaus und stellten sich um ein paar, das zur
Drehorgel eine Moritat im düsteren Balladenton fang. Jeder kaufte sich dann
das Blatt und nahm es nach Haufe.
Am Sonntag strömten die Turnvereine aus Flandern zusammen und gaben
ein Fest; wir sahen ihnen vom Fenster aus zu, und wieder muß ich an Poincar6
denken, denn es gibt ohne Zweifel eine Parade.
wer hätte damals gedacht, daß Veurne Hauptstadt werden könne und
daß es Rrieg gäbe? Aber wer von uns beiden hätte auch gedacht, daß ich ihn
allein erleben würde? Jeanne ist tot und es bleibt nur die melancholische Er
innerung, wie wir durch die kleinen Gassen gingen, deren verzauberte Stille
nur am Samstag durch das Reinemachen unterbrochen wurde, und wie die
ewigen Fangspiegel an den Spiegelfenstern uns so ärgerten, daß Jeanne ein
mal die Zunge herausstreckte, in der Annahme, hinter den dichten Gardinen
sitze eine Alte, die sie damit entsetzen könne.
Oder wie wir in einer japanisch winzigen Likörstube, einer unbeschreiblich
sauberen Puppenstube aus Delfter Racheln, unter lauter Figurinen den herr
lichsten und stärksten Raffer zu trinken pflegten; oder wie wir gegen Abend
vom Spaziergang zurückkehrten, und dann die Stadt mit ihren Türmen zu
sammengedrängt in einer Landschaft von Grün lag, das so tief und üppig
war, daß cs fast düster wirkte. Otto Flake