iTtas Gcheler nennt in einem Aufsatz den Rrieg ein meta
physisches Erwachen. Wir selbst haben in vielen Augenblicken,
da uns die sittliche Großmacht des deutschen Volkes, das wunder
bare Gesicht eines Soldaten, das schlagende Herz der Städte mit
tausend Begeisterungen überfiel, diesen Rrieg gegen Niedertracht
und Politik gutgeheißen.
Aber ist es Recht, daß wir den Rausch und die -Liebe, die in
uns doppelt erwacht sind, auf ein Ding tun, das schlecht ist, höllisch,
aus dem nichts Gutes kommt, dessen letztes Ziel die Macht ist, und
nicht die Liebe?
In seinem symbolischen Volk hat Gott die Wahrheit dieses
Herbstes sichtbar gemacht.
In den Ravalleriekampfen in Galizien ritt auf österreichischer
Seite ein polnisch jüdischer Ulan eine Attacke mit. Als das Melee
sich entwickelte, holte der Ulan mit einem Säbelhieb einen feind
lichen Reiter vom Pferde. Eh dieser aber aus dem Sattel sank,
griff er hintenüber in die Luft und rief schauerlich, langsam, in
einem ungeheueren Entsetzen die ersten Worte von seinem und
seines Feindes Glaubensbekenntnis: „Schema Jisroel“.
Der österreichische Ulan wurde in demselben Rampf leicht
verwundet. Als man ihn auf den Hilfsplatz brachte, war er wahn
sinnig. Jetzt sitzt er stumm, mit verwahrlostem Bart, blind, doch
mit dem blinden Blick des Ödipus in einem Prager Lazarett.
Seine Seele hat erkannt, als der Bruder von seiner Hand
stürzte. Er ist metaphysisch erwacht, und wacht so sehr, daß es
für ihn niemals mehr den bequemen Schlaf des Lebens geben wird.
Und ich sage, dieser Wahnsinnige, der arme polnische Jude ist
ein vollendeterer Mensch als alle Rrieger, die sich an die Schrecken
der Schlacht gewöhnen. Er ist das Idealbild einer spateren besseren
Menschheit, die sich nicht mehr wird töten können, weil ihr Schlaf
nicht mehr so tief sein wird. Der Rrieg wird nicht mit der
durchgeführten Interessengemeinschaft aufhören, sondern mit dem
leichteren Schlaf, dem heikleren Gewissen, und der Bereitschaft
zum metaphysischen Erwachen. Mit der Gefahr, daß jeder Soldar