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vierten Idealismus kann man natürlich
nur im gleichen Ton antworten, und
jo haben wir das wnnderliche Schau-
spiel lauter jugendlicher Bäffchen-
gejichter und hören einen wett
eifernden Lhorgesang von lauter Lu
gend» Gottesfurcht und Wissensdurst:
„Helft uns leben und sterben» uns dem
ver sacrum“, „Haben wir alle doch
erst auf dem Schlachtfeld unfern Sott
recht kennen gelernt" und: „Sch brauche
wohl nicht zu lagen, daß jeder stch
einige klafstfche Werke mitgebracht
hat» die er einst auf der Schule stu
diert." Alle sind ste anscheinend nicht
immer so gewesen» aber „dieses Buch
hat ste wieder neu geboren". Zn ver
wundern ist dabei nur» wie inhaltlos
alle diese Lugend ist. Daß es fuß ist
fürs Vaterland;n sterben» daß ste stch
opfern» ja das wird oft gesagt, das
Eiserne Kren; wird gern erwähnt, auch
von der Zukunft ist die Rede: „daß
ans diesem heiligen Krieg ein neues
Geschlecht heranwachsen werde", aber
es bleibt alles so im unbestimmt Aebel-
haften, es stnd so hundertfach abge
nutzte Worte» von allen Wirklich
keiten dieses Krieges klingt gar nichts
mit.
Warum retonchieren ste so sehr ihr
eignes Bild bis kein Zug mehr da
ist» der haften kann» keiner, der uns
menschlich bewegt? Sind ste so häß
lich? Das ist unmöglich, denn die
größte Häßlichkeit wäre schön gegen
dies leere Nichts! Haben ste so ver
lernt, was Wahrhaftigkeit ist? Wagen
ste's nicht vor den hochmögenden und
weifen Herrn Liebesgabensendern» ste
sebst ?n sein? Es wird wohl alles zn-
sammeukommeu. Man verzechte» man
lacht vielleicht» und unerträglich wird es
nur, wenn ste nun auf die andern ein-
hanen: „Meine „evangelischen" Kame
raden schütteln leider mit dem Kopf»
eine Lästerung wagen ste ja nicht. . ."
Ach nein, wir lästern nicht. Aber
eine Angst überkommt uns. Wenn
dieser Krieg nicht einmal zur Wirk
lichkeit aufweckt, was soll es dann
tun? Wenn man auch hiervor stch
nur wieder in eine neue Phrase rettet
„ich habe meinen Gott gefunden", wo
ist dann Heilung?
Und das ist dann wieder die schließlich
Erkenntnis: wir werden nicht anders»
auch durch diesen Krieg nicht. Nichts
was von außen kommt, kann das be
wirken. Nur in uns selber liegt alles
Heil und Unheil beschloßen. Das sagen
uns auch solch menschliche und wahr
haftige Briefe» wie ste Hegmann an
seine Frau schreibt. Er bleibt wie er
ist von Anfang bis ;n Ende: fein und
beobachtend, skeptisch und schmiegsam»
mit der Zrende und Sehnsucht ;nm
Leben und der Hingabe, die auch den
Lod bejaht. Und vor diesem unbeab
sichtigten und treuen Bilde aufge
zeichnet mit allen Nervenschwächen
und Verdrießlichkeiten» Enttäuschun
gen und kleinen Eitelkeiten, wächst
dann in uns immer stärker das Gefühl»
wie wundervoll ein Mensch doch ist»
wie einzig zu lieben und welche Reich
tümer auch ein unbemerkter und un-
berühmter Lag umschließt.
Wenn man nur stch und ihm vertrant
und nicht versucht, seine redliche Ar
mut mit erlogenem Aufputz zu ver
decken. Z. Mark
Herausgeber: Otto Haas-Hege, Berlin, Pariser Platz 7
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