Volltext: 1914-1916 (1914-1916)

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vierten Idealismus kann man natürlich 
nur im gleichen Ton antworten, und 
jo haben wir das wnnderliche Schau- 
spiel lauter jugendlicher Bäffchen- 
gejichter und hören einen wett 
eifernden Lhorgesang von lauter Lu 
gend» Gottesfurcht und Wissensdurst: 
„Helft uns leben und sterben» uns dem 
ver sacrum“, „Haben wir alle doch 
erst auf dem Schlachtfeld unfern Sott 
recht kennen gelernt" und: „Sch brauche 
wohl nicht zu lagen, daß jeder stch 
einige klafstfche Werke mitgebracht 
hat» die er einst auf der Schule stu 
diert." Alle sind ste anscheinend nicht 
immer so gewesen» aber „dieses Buch 
hat ste wieder neu geboren". Zn ver 
wundern ist dabei nur» wie inhaltlos 
alle diese Lugend ist. Daß es fuß ist 
fürs Vaterland;n sterben» daß ste stch 
opfern» ja das wird oft gesagt, das 
Eiserne Kren; wird gern erwähnt, auch 
von der Zukunft ist die Rede: „daß 
ans diesem heiligen Krieg ein neues 
Geschlecht heranwachsen werde", aber 
es bleibt alles so im unbestimmt Aebel- 
haften, es stnd so hundertfach abge 
nutzte Worte» von allen Wirklich 
keiten dieses Krieges klingt gar nichts 
mit. 
Warum retonchieren ste so sehr ihr 
eignes Bild bis kein Zug mehr da 
ist» der haften kann» keiner, der uns 
menschlich bewegt? Sind ste so häß 
lich? Das ist unmöglich, denn die 
größte Häßlichkeit wäre schön gegen 
dies leere Nichts! Haben ste so ver 
lernt, was Wahrhaftigkeit ist? Wagen 
ste's nicht vor den hochmögenden und 
weifen Herrn Liebesgabensendern» ste 
sebst ?n sein? Es wird wohl alles zn- 
sammeukommeu. Man verzechte» man 
lacht vielleicht» und unerträglich wird es 
nur, wenn ste nun auf die andern ein- 
hanen: „Meine „evangelischen" Kame 
raden schütteln leider mit dem Kopf» 
eine Lästerung wagen ste ja nicht. . ." 
Ach nein, wir lästern nicht. Aber 
eine Angst überkommt uns. Wenn 
dieser Krieg nicht einmal zur Wirk 
lichkeit aufweckt, was soll es dann 
tun? Wenn man auch hiervor stch 
nur wieder in eine neue Phrase rettet 
„ich habe meinen Gott gefunden", wo 
ist dann Heilung? 
Und das ist dann wieder die schließlich 
Erkenntnis: wir werden nicht anders» 
auch durch diesen Krieg nicht. Nichts 
was von außen kommt, kann das be 
wirken. Nur in uns selber liegt alles 
Heil und Unheil beschloßen. Das sagen 
uns auch solch menschliche und wahr 
haftige Briefe» wie ste Hegmann an 
seine Frau schreibt. Er bleibt wie er 
ist von Anfang bis ;n Ende: fein und 
beobachtend, skeptisch und schmiegsam» 
mit der Zrende und Sehnsucht ;nm 
Leben und der Hingabe, die auch den 
Lod bejaht. Und vor diesem unbeab 
sichtigten und treuen Bilde aufge 
zeichnet mit allen Nervenschwächen 
und Verdrießlichkeiten» Enttäuschun 
gen und kleinen Eitelkeiten, wächst 
dann in uns immer stärker das Gefühl» 
wie wundervoll ein Mensch doch ist» 
wie einzig zu lieben und welche Reich 
tümer auch ein unbemerkter und un- 
berühmter Lag umschließt. 
Wenn man nur stch und ihm vertrant 
und nicht versucht, seine redliche Ar 
mut mit erlogenem Aufputz zu ver 
decken. Z. Mark 
Herausgeber: Otto Haas-Hege, Berlin, Pariser Platz 7 
Verantwortlicher Schriftleiter: 
Hans Siemsen, Lichterfelde, Sterustraße 25 
Zur unverlangte Einsendungen keine Gewahr 
Sn Österreich für die Redaktion verantwortlich Hugo Heller, Wien,!, Bauernmarkt 5 
Druck von S. Hermann in Berlin
	        
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