Volltext: 1914-1916 (1914-1916)

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Glossen und Kritiken 
Aus die Süddeutschen Mo 
natshefte sei hiermit nachdrück 
lichst aufmerksam gemacht! Wer vou 
der Vorzüglichkeit und Vollkommen 
heit deutschen Wesens und deutschen 
Geistes allzu geru uud sorglos über 
zeugt ist» dessen Zufriedenheit wird bei 
der Lektüre dieser Hefte eine heilsame 
Erschütterung erfahren. Er wird 
sehen» was für Wesen uud was für ein 
Geist stch deutsch (nicht nur süddeutsch) 
ueuueu darf. Uud er wird erkeuneu, 
wie sehr wir und gegen weu wir (nach 
erfolgtem Zriedeo) Kämpfen uud ar 
beiten müssen, damit das Wort 
Deutschland den Klang behält, deu wir 
lieben. H. S. 
Auch auf die „Weiften Blät 
ter" fei recht nachdrücklich verwiesen. 
Aber in einem sehr anderen Sinne. Seit 
dem Schickste sie herausgibt, ist das 
Weiß dieser Blätter, das vormals zwar 
sehr tadellos uud füruehm, aber etwas 
allzu bleiern war, sehr viel bunter, leb 
hafter uud frischer geworden. Fast in 
jedem Heft findet man neben vielen 
Kleinigkeiten irgend eine besondere 
Sache. Sei es die ergreifende Ge 
schichte, die Kafka erzählt» vou dem 
Haudluugsreiseudeo Gregor Samsa, 
der zum Mistkäfer verwandelt durch 
sein hilflos trauriges Dasein seine §a- 
milie in Not uud Schrecken stürzt, sei 
es Zrauz Werfels „Gesang von der 
neuen Hölle", der Schale, sei es Sterv- 
heim» sei es eine der klugen, leiden 
schaftlichen und wahrhaft „guten" Be 
merkungen des Herausgebers selbst — 
immer findet mau etwas Erstaunliches, 
etwas Erfreuendes, etwas Schönes. 
Eins nur ist schade: Daß der schöne, 
wertvolle Text so oft durch minder 
wertige Bilder unterbrochen wird. 
Was sollen diese Bildchen da? Die 
sind ja noch schlechter als die, die wir 
im »^Zeit-Echo" bringen. Sie blieben 
wirklich besser weg. 
Soviel über die „Weißen Blätter" im 
allgemeinen. Sn Nr. 11 nun aber (im 
November 1915) ereignete sich etwas» 
worüber mehr zu sagen ich Unzuläng 
licher genötigt bin, da andere es bisher 
nicht taten: 
Heinrich Manu schreibt über 
Zola. — Nachdem er einige Sahre 
früher über Zlaubert geschrieben hat. 
Damals schrieb er mit ruhiger uud be 
herrschter Leidenschaft. Ein großer 
Künstler analgsierte, verteidigte uud 
pries deu größeren. 2m Größeren stch 
selbst. Die kleine Schrift war das Be 
kenntnis eines Künstlers. Durch das 
freilich viel Neues nicht bekannt und 
manches unterstrichen wurde, was 
fromme Leser schon aus den Romanen 
wußten. 
Was aber frömmere Leser im stillen 
hofften und glaubten, das wird in dieser 
neuen Schrift bekannt, die mehr als das 
Bekenntnis eines Künstlers, das eines 
Menschen (welches Menschen!) ist. Sch 
weiß nicht, ob Manu in seinem Urteil 
oder auch in deu Tatsachen immer ganz 
recht hat. Aber nichts ist nebensächlicher 
als das. Denn diese Schrift ist keine 
Biographie oder Kritik, bei der mau 
fragen dürfte: Stimmt es? Hier stimmt 
alles nach einem ganz uureichlichen, nach 
einem tief wahrhafteren Gesetz. Hein 
rich Mann erzählt das Leben Zolas; 
ganz einfach» wie mau so etwas erzählt; 
mit Namen, Daten uud Zitaten. Aber 
wenn irgendwas in der Welt, so ist 
diese Lebensbeschreibung eine Dichtung.
	        
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