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Zremde Verse
3 m Sommer 1914, einige Wochen vor Ausbrnch der Krieger, fuhr ich in
einem kleinen D-Zug, der zwischen Berlin und Bremen lief.
2m Speisewagen dieses Zuges bekam mau (und bekommt mau auch noch
heute) einen guten französischen Rotwein. 2ch sah aus dem Fenster und blätterte
in der Karte, die mir der Kellner aufmunternd zuschob.
Draußen drehte sich das Land vorbei, in dem ich aufgewachsen bin.
Haide, Felder, Kartoffelfelder, ein kleiner Wald und wieder ein kleiner Wald
und hinter einem Hügel, den wir Kinder Berg nannten» obwohl er kleiner als ein
Hügel war, und hinter einem größeren Wald ein Kirchturm. Und vorn ein Bauern
haus. Und daun die gleiche Landschaft noch einmal und noch einmal und immer
wieder, bis mau nicht mehr weiß, wo mau ist, und mit dem mudberuhigeudeu Ge
fühl, eigentlich schon zu Hause zu sein, immer noch weiter nach Hause fährt.
Paris, das Paris des heiligen Henri Rousseau, und diese norddeutschen
Kartoffelfelder vor den Toren grauer Fabriken — gibt es Landschaften, die schöner,
menschlicher und heimatlicher stud?
2udesseu hatte ich bemerkt, daß die Speisekarte beschrieben war: zwischen
den Anzeigen» kaum zu lesen, vom Rütteln des Wagen durcheinandergeworfen,
eine gekritzelte BlÄstiftschrift:
Gegenüber sttzt mir die Bekanntschaft,
Die ich sicher nachher machen werde.
Gäb' es hier im Speisewagen Pferde,
Ritt ich setzt in diese Abendlandschaft
Lief hinein. Soweit das Pferd noch liefe,
Durch den Wald und über einen Fluß,
Und den Fluß entlang,
Bis zu einem Dorf» und stiege ab und schliefe,
über der Lür des Restaurants stand in frecher, lateinischer Schrift: „Rauchen
verboten". Auf der Karte in einer Lcke fanden die Berse ein rasches Lude: