Volltext: 1914-1916 (1914-1916)

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Kämpfer Künstler 
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$Lin Schriftsteller des vorigen Jahrhunderts zieht sich vom Leben zurück, auf das 
Schreiben in der Einsamkeit. Un homme qui s’est institue artiste, n’a plus 
le droit de vivre comme les autres. So spricht dieser große Künstler der 
Mitte, ein Unsichtbarer, der» wie ein Monarch, sich selbst nie herausstellen will; ein 
zwischen den Polen Ekstatisch und Kämpferisch Eiugeschlosiever, der hinter seinem 
Werke wie Gott hinter der Welt verschwinden möchte. 
Aber kein ärmlicher Asket; seine Einsamkeit bringt eine Quelle hervor, die 
aus der Einsamkeit wegströmt. Wenn er auch niemanden mehr umarmt, seine 
Liebe stirbt doch nicht ab. Denn die Bücher, die er schreibt, werden seht seine 
Glieder» mit denen er sich in die Well hinansfühlt. Er geht nicht in selbstgenügeuder 
Verzücktheit des Dichtertums auf, sondern er veröffentlicht seine Dichtung. 
Zur Wüste dagegen scheint sich ein anderer zu bekennen» von dem die Bio 
graphie sagt, er pflegte seine Romane vollständig im Kopf zu entwerfen und hier 
durch schon ganz befriedigt zu sein . .; nur unter wütenden Tränen läßt er sich 
vom Verleger zwingen, sein Werk auch niederzuschreiben. 
Dieser Kalte ist zu verdammen, gleich einer Maria, wenn sie Gott nur 
genießen und nicht auch Ehristus der Welt bringen wollte. Denn was ist der 
Drang, der nicht auch Sturm hat? Sicherlich keine Kunst. Gerade die 
„Säuerlichen" und die nur Künstlerischen sind am wenigsten Künstler. Mögen sie 
die tiefste Vision haben: nur das aussprechbare Erlebnis ist Kunst. Und zum 
Erlebnis wird dem Künstler nur eine solche Vision, deren Verkündigung erfüllbar 
ist, — ja deren Mitteilen ihm ebenso wichtig ist wie ihr Erleben. Sn seinem 
Drang muß der Sturm von Ursprung au schon enthalten sein und in seiner Zähigkeit» 
zu dichten, schon die Zähigkeit der Anderen, ihn zu vernehmen. Zür ihn bedeutet 
eskeiueuZufall, daß er nicht allein auf der Welt ist; für ihn ist die Wirkung 
auf die Anderen zwar niemals der Zweck, — aber eine geheimnisvolle Ursache 
seiner Kunst. Eingegeben von Gott, umgeben von anderen Menschen» so wird 
seine Arbeit möglich, wie ein Zluß weder Quell noch Meer entbehren kaun. 
Dichten ist seine Art, zu lieben.
	        
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