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Kämpfer Künstler
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$Lin Schriftsteller des vorigen Jahrhunderts zieht sich vom Leben zurück, auf das
Schreiben in der Einsamkeit. Un homme qui s’est institue artiste, n’a plus
le droit de vivre comme les autres. So spricht dieser große Künstler der
Mitte, ein Unsichtbarer, der» wie ein Monarch, sich selbst nie herausstellen will; ein
zwischen den Polen Ekstatisch und Kämpferisch Eiugeschlosiever, der hinter seinem
Werke wie Gott hinter der Welt verschwinden möchte.
Aber kein ärmlicher Asket; seine Einsamkeit bringt eine Quelle hervor, die
aus der Einsamkeit wegströmt. Wenn er auch niemanden mehr umarmt, seine
Liebe stirbt doch nicht ab. Denn die Bücher, die er schreibt, werden seht seine
Glieder» mit denen er sich in die Well hinansfühlt. Er geht nicht in selbstgenügeuder
Verzücktheit des Dichtertums auf, sondern er veröffentlicht seine Dichtung.
Zur Wüste dagegen scheint sich ein anderer zu bekennen» von dem die Bio
graphie sagt, er pflegte seine Romane vollständig im Kopf zu entwerfen und hier
durch schon ganz befriedigt zu sein . .; nur unter wütenden Tränen läßt er sich
vom Verleger zwingen, sein Werk auch niederzuschreiben.
Dieser Kalte ist zu verdammen, gleich einer Maria, wenn sie Gott nur
genießen und nicht auch Ehristus der Welt bringen wollte. Denn was ist der
Drang, der nicht auch Sturm hat? Sicherlich keine Kunst. Gerade die
„Säuerlichen" und die nur Künstlerischen sind am wenigsten Künstler. Mögen sie
die tiefste Vision haben: nur das aussprechbare Erlebnis ist Kunst. Und zum
Erlebnis wird dem Künstler nur eine solche Vision, deren Verkündigung erfüllbar
ist, — ja deren Mitteilen ihm ebenso wichtig ist wie ihr Erleben. Sn seinem
Drang muß der Sturm von Ursprung au schon enthalten sein und in seiner Zähigkeit»
zu dichten, schon die Zähigkeit der Anderen, ihn zu vernehmen. Zür ihn bedeutet
eskeiueuZufall, daß er nicht allein auf der Welt ist; für ihn ist die Wirkung
auf die Anderen zwar niemals der Zweck, — aber eine geheimnisvolle Ursache
seiner Kunst. Eingegeben von Gott, umgeben von anderen Menschen» so wird
seine Arbeit möglich, wie ein Zluß weder Quell noch Meer entbehren kaun.
Dichten ist seine Art, zu lieben.