Bedenken Sie nur, meine Damen und Herren, daß ein gotischer Dom oft
mehrere Jahrhunderte zu seiner Entstehung brauchte.
Heute können wir mit Eisen und Eisenbeton in einigen Monaten so weit
sein — wie damals in Jahrzehnten.
Dem Eisen und Eisenbeton wird sich sehr viel farbig ornamentiertes Glas
zugesellen, das auch sehr rasch in einigen Tagen eingesetzt werden kann.
Man wird das Glas immer in Doppelscheiben anbringen — der Wärme
und der Geräusche wegen.
Man wird sehr viel Drahtglas verwenden, das man mit Steinen nicht so
rasch durchschlagen kann, so daß man nicht mehr sagen dürfte — etwas sei so
zerbrechlich — wie Glas.
Also: gleich nach der Zerstörung neue erhöhte Bautätigkeit mit anderen
praktischen Materialien.
Und die neuen Stadtanlagen werden viel weitläufiger sein als die alten.
Die elektrischen Verbindungen erlauben das. Es werden große planmäßig ge
baute Rolonien entstehen, in denen die grade Linie nicht vorherrschend sein dürfte.
Das sind nicht nur müßige Zukunftsgedanken. Diese Bautätigkeit muß sich
mir Energie in der angedeuteten weise ausbreiten! es geht gar nicht anders.
So sieht die Lichtseite der diesmaligen Sonnenfleckenmaximumperiode aus.
Entschuldigen Sie das schreckliche Wortmonstrum — aber ich wollte doch mit
einem Monstrum meine sehr aphoristischen Andeutungen schließen.
Denken Sie sich das Zentrum der neuen Städte mit bunt ornamentierten
Fliesen belegt — und sehe groß — viele Male größer als der Markusplatz
zu Venedig."
Jetzt applaudierte das Publikum ganz stürmisch. Und der Herr Professor
sagte nur noch:
„Hoffentlich habe ich jetzt genug angedeutet — so viel, daß wir für einige
Tage wieder etwas heiterer in die Zukunft blicken können."
Der Gastgeber ließ Bier bringen, und man trank in großen Zügen auf
das Wohl des Herrn Professors und auf eine glänzende Zukunft in neuen
größeren Stadtanlagen.
Ich verließ, ohne bemerkt zu werden, hastig die Gegend, in der ein so
großer Optimismus herrschte.
Aber merkwürdig wars, daß mich auf der Straße der Optimismus nicht
verließ. Ich war bei so guter Laune, daß ich in einem größeren Bierlokal noch
ein paar Schoppen auf das Wohl des Herrn Grobleben — und auf eine
glänzende Zukunft trank.
Paul Scheerbart