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stimmen soll, gehen selten über die aktuelle Bedürfnisfrage hinaus — was ich nicht
nur begreife, sondern billige. Denn die Voraussetzung einer Propaganda för
eine große 2dee ist das 2ntereste für die Lebenshaltung überhaupt, sodann die
möglichst baldige, die möglichst sichere, die möglichst bedeutende Hebung der mate
riellen Lebenshaltung von Menschen, an deren Geistigkeit man appelliert.
Der Parteisekretär, der in Wahlversammlungen spricht, pflegt es materiell
um vieles bester jn haben, als die Menschen, die ihm Ohr und Her; öffnen.
Leidet die 2dee darunter? Manchmal, und dann haben wir es mit
plattester Demagogieju tun. Sonst finden wir uns mit der Technik der polltifchen
Arbeit ab, die, durch dick und dünn, ;ur 2dee hinstrebt, die es jn erkämpfen gilt
mit den Mitteln, für die die Maste (mit Recht) in erster Linie empfängllch ist.
Tine Politik des Geistes wird sich derselben Mittel bedienen müsten» wie
etwa eine landschaftlich beschränkte Kartoffelpolitik. Sodaß, im Grund, die
Demokratie als politische Einrichtung ebenso aristokratisch wäre, wie eine Aristo
kratie, die sich gegen sie wehrt. Auf den erreichten Gipfeln stellt sich der Sinn
des politischen Kampfes ein, der Weg hinauf kann im besten Zoll nur der gleiche
sein für alle Parteien. Schlußfolgerung: es muß immer wieder und gerade
jetzt gewarnt werden vor sentimentalen 2ndividnalismen» vor Programmen und
Manifesten, die schöne richtige Worte enthalten, Worte, wenn nicht der
politische Apparat für sie arbeitet. Die Verfasser müsten sich in den bestehenden
Apparat eingliedern (wenn sie nicht ein neues, wirksames Hebelwerk schaffen»
wozu die Anstrengung einiger Generationen gehört), müsten den Apparat selbst
gelenkig bedienen und kontrollieren. Politische 2deale haben wir seit hundert
2ahren, so prachtvolle, wie sie nur sein können. Verwirklichungen lasten ans
sich warten. Die politische Maschine hat immer und überall die politischen
2deale zerrieben. Unsere politische Tragödie. Die Redner der Zrankfurter
Panlskirche wären große Politiker gewesen, wenn sie etwa Bismarck und seine
politische Wistenschaft auf ihrer Seite gehabt hätten. Sie hatten sie gegen sich,
und die Geschichte machte sie zu Rhetoren.
Der kraste Dilettantismus in politischen Dingen bei uns ist haarsträubend.
Die „geistigen Führer" des Volkes schreien nach polltischer Erziehung — aber sie
haben, mit dem Korrespondenten eines großen deutschen Blattes in Paris, die
dortigen Radikalsozialifien für radikale Sozialisten gehalten, während die franzö
sischen Radikalsozialisten in Wirklichkeit etwa unseren Zreistnnigen entsprechen, und
sehen heute noch in Eaillanx den französischen Deutschenfreund, obwohl jeder
mann in Frankreich weiß, daß er, wenn überhaupt etwas, nichts anderes vermag,
als für die Ouerrv ä outrance eintreten. Auf anderen Gebieten ist es nicht
bester. 2ch führe absichtlich nur „Kleinigkeiten" an.
„Politische Erziehung?"
Es wäre Zeit, ernsthaft damit anzufangen. Die Zensur böte die beste
Gelegenheit dazu, wenigstens in Angelegenheiten der auswärtigen Politik.