Volltext: 1914-1916 (1914-1916)

192 
Manchmal hat er keine Mimik, wie 
man so lagt, denn lein Gesicht lpielt nicht, 
es ist Malle. Aber das Element sitzt 
straff in der Keulevbiegvvg des Ellen 
bogens. Line Linie umreißt ihn me 
tallen, gegosieu. Gegen sie strömt der 
Ausbruch des Gefühls» sie gibt nach, 
wird ein wenig locker. Aber fast ohne 
Bewegung wirft sie zugleich mühelos 
den Ausbruch zurück und wird Starre. 
Es ist das Spiel einer Zehntel Se 
kunde. Dennoch weinen Frauen über 
diefe Bewegung. 
Jeden Menschen, in den er sich wirft, 
gibt er erkämpfend von sich. Der 
größte Kampf — mit dem Tod — ist 
daher feine größte Kraft. Geht es 
aus Krepieren, wird fein Hirn wild wie 
ein Ochs und wütet. Er selbst kaun 
sehr still Mn dabei, herumgehen, sum 
men, Lichter anstecken, es ist gleich, 
gegen die stummen Wände aber prallt 
ein wütender Kampf. So besiegt er den 
Tod ohne Gebärde. Daun macht er 
einen Ruck» nicht sehr ausgedehnt, 
aber: die Flammen des Lebens zischen 
aus ihm wie aus einer brennenden Este. 
Seine Stimme ist ohne Wohllaut, also 
nicht kastratisch» sondern heiser, sachlich 
und potent. Mit ihrem Anschwellen 
glühen die Adern auf und ziehen in 
einem rauschenden Retz wie um eine 
Säule um seinen LÄb. Oben fletscht 
er die Zähne und schlägt einen heißen 
Donner in das Haus. 
Man könnte sagen, daß er Ventil- 
poren besäße, aus denen er sich nach 
außen hin spielend ausgebe. Manchmal 
macht er sich den Scherz, öffnet sie alle, 
strömt aus uud kuallt die Mitspielenden 
au die Wände. Es ist leer um ihn. 
Da tanzt er, heiser brüllend, boxt, 
schwingt den Säbel: wie ein Gott, der» 
um sich auszuleben, sich in den Körper 
eines besoffenen Orangs stürzte. 
Manche Menschen füllt er mit Heiter- 
keit, unter der ein leichtes Gewitter 
aufgerollt liegt, fast ohne Geräusch. Mit 
anderen reitet er, ein Bauerugaul, 
alles zusammen. Um einige legt er her 
metische Panzer, die blau vor Stahl 
blitzen und läßt das Herz dagegen au- 
brecheu, daß das Weh in die Finger 
spitzen springt. Spielt er Wozzek» 
werden Hunde toll uud heulen, Frauen 
fallen in marmorne Ohnmacht, Büh- 
neuschweiue fleuueu. Mau könnte 
sagen, daß es nichts im Widerspruch er 
staunlicheres gäbe, als» im März mit 
ihm aus dem Theater tretend, weiche 
blühende Kirschbäume in einer alten 
Frankfurter Gaste plötzlich zu sehen. 
Kasimir Edschmid 
Herausgeber: Otto Haas-Hege, Berlin, Wilhelmstraße 69 
Verantwortlicher Schriftleiter: Hans Siemfen, Lichterfelde, Sternstraße 25 
Für unverlangte Einsendungen keine Gewähr 
Sn Österreich für die Redaktion verantwortlich Hugo Heller, Wien,!, Bauernmarkt Z 
Druck von S. ^ermann in Berlin
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.