Full text: 1914-1916 (1914-1916)

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Glossen und Kritiken 
Sacobso hu ruft nach der Po 
lt r e i. — 3u München gab es vor «u 
paar Sahreu ein kleines Theater, das 
mit unbekannten Kräften unbekannte 
Stucke auf eine Weife aufführte, daß 
beide bekannt wurden. Da fah man 
Tschechow in einer trostlos langweiligen 
Melancholie; da fah mau einen frau- 
zöstsch-elfäfstscheu Lragödieu-Ulk von 
Arno Hol;; da fah mau Nestrog 
(sehr unecht!), aber zum Brüllen ko 
misch; (Nachmittags und Abends 
au einem Tage bin ich hingegangen 
und daun noch dreimal); da fah mau 
Shaw, Striudberg und Wedekiud in 
einer verrückten» unvergeßlichen Ma 
nier; da fah mau Schmarren von 
Bahr und Moluar; da fah mau noch 
viel schwächere Lachen — gespielt wie 
für die Ewigkeit, für eine Ewigkeit 
von fünfzig Sahreu, solange eben 
ein Leben dauert. Da sah mau eine 
„dramatisterte Novelle" von Auatol 
France, ein blödes Ding — aber man 
faß (und fah's) und heulte. 
Da hatte mau ein Theater, das ein 
Theater war; zum Lachen, rum Weinen 
und ;um Verlieben. 
Ein Theater» in dem mau Kulissen sah; 
und diese Kulissen wackelten. Ein 
Theater, knrr, das keine Literatur, 
sondern Äne Angelegenheit des täg 
lichen Lebens war. Abends ging mau 
hin wie in ein Kino, wie in ein Va 
rietee, wie;u einem Reudez vous. 
Dieses Theater waren die „Kammer 
spiele". Und der Direktor hieß Eugen 
Robert. 
München hatte dank ihm ein Theater, 
wie ich in Deutschland noch keines 
gesehen habe. Daun wurde er 
abgesetzt, disqualifiziert, entfernt, ent 
lasten» — und heute ist das kleine The 
ater längst auf dem Niveau angelangt, 
auf dem stch das übrige München schon 
seit Sahrzehuteu befindet. („Wie fie 
so sauft ruhn!") Weshalb wurde 
nun wohl dieser Herr Robert ent 
lasten? 
Mau könnte meinen, weil er seinen Be 
hörden (das waren: die Polizei und 
der Aufstchtsrat des Theaterchens) 
mau könnte meinen, weil er diesen 
Leuten zu schlecht (oder zu gut) diri 
gierte und regissterte. Aber nein! 
Deswegen entläßt mau ja keinen Ae- 
gisteur, sonst ständen unsere Theater 
(fast alle) verwaist vud nur in München 
das kleine Theater würde einen haben 
— eben Herrn Robert. Rein» nÄu, er 
wurde aus anderen Gründen gehindert, 
Kunstwerke kunstvoll zu verwirklichen. 
Erstens verdiente er nämlich nicht 
genug: er gab mehr aus, als er bekam. 
Zweitens war er gegen einige Damen 
feines Hauses zu freundlich, viel zu 
freundlich, gegen ihren Willen freundlich. 
Um feine Finanzen und die des The 
aters nun in geordnete Berhältuiste zu 
bringen (nachher hatten beide nichts) 
und um feine Freundlichkeiten auf 
das polizeilich zuläfstge Maß zu redu 
zieren, wurde er von Polizei nud Auf- 
stchtsrat entlasten, entfernt und dis 
qualifiziert.
	        
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