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Ls ist ja leider vielleicht nötig, daß die
Polizei dafür sorgt, daß eiu Theater-
direktor seinen Angestellten gegenüber
gleichmäßig unfreundlich — oder jagen
wir kaltblütig bleibt. Und ich verstehe,
wenn eiu Aufstchtsrat als erstes von
chm verlangt, daß er rechnen (und ver
dienen) Kanu. Zum Regifstereu aber,
zum Theater-macheu ist beides nicht
nötig. Herr Robert bewies es: er war
nicht kaltblütig, er konnte nicht rechnen,
aber regifstereu konnte er — bester als
der liebe Gott. (Der liebe Gott macht
bloß Aatnr, Herr Robert aber: Kunst.
Woraus das Kuriofum folgert: daß
z. B. Reinhard dem lieben Gott fehr
nahe kommt.)
Alfo: Robert war erledigt. Zur Zreude
aller Leute, die für gutes Rechnen und
gutes Betragen stud und zum aufrich
tigen Schmerz all derer, die mehr für
gutes Theater stud. Da hörte mau
plötzlich ganz heimlich, still und leife:
daß Herr Lugen Robert die Direktion
des Berliner Aestdeuztheaters über
nähme vud es war berechtigte Hoffnung
vorhanden, daß die Berliner Polizei
etwas netter als die Münchener wäre,
daß er (auf deutsch) die Kouzefstou und
daß Berlin eiu Theater bekäme. Was
es, weiß Gott, gebrauchen könnte!
Seder» der für's Theater ist, hielt er
freut den Atem au, niemand war
eigentlich dagegen (denn Herr Robert
könnte ja vielleicht inzwischen, sozusagen
auch ein bißchen Rechnen gelernt haben,
er könnte vielleicht auch (Gott behüte!)
eiu wenig älter, eiu wenig kälter,
durch Gottes große Gnade, geworden
sein), niemand war also sehr dagegen.
Bis auf einen. Bis auf einen Manu,
dem alles, aber alles am guten Rech
nen und am reinen Lebenswandel,
dem (scheinbar) nichts, aber gar nichts
au Äuem guten Theater gelegen ist.
Dieser Manu heißt Siegfried Jacob-
sohn. Lr äußert stch wie folgt in der
„Schaubühne" vom 4. Mai: „Auch ich
protestiere vorläufig nicht. Ich habe
einfach Vertrauen zu Herrn von
Glaseuapp. Der hat die künstlerische,
moralische und finanzielle Zuverlässig
keit des Kouzesstousbewerbers zu prüfen.
Der wird stch also ln der Vergangen
heit des Herrn Robert umtun, wird
seine eigene Wisteuschaft und den
Aktenbefnud des Berliner Polizeiprä-
stdiums mit Hilfe der Besttzer des The
aters in der Köuiggrätzer Straße, der
Geuosteufchaft Deutscher Bühueuange-
höriger und des Aufstchtsrats der
Münchener Kammerspiele ergänzen und
wird zu dem Ergebnis kommen, daß
es nicht wünschenswert ist, in so kurzer
Zeit einen dritten Betrieb der ruchlosen
Art unser mühsam gereinigtes Theater-
wesen wieder verunreinigen zn lassen «-
den gewissen Betrieb» der durch die
Begriffe: Weiberwirtschaft, Schau-
fpielerbeteilignug und Offeubarnugseid
gekennzeichnet wird. Richt jeder
Bankrotteur hat, wie der wisteus-
durstige Begründer des Komödieu-
haufes, eine Bibliothek, die „einen
großen Liebhaberwert repräsentiert»
und durch deren Verwertung eine recht
hübsche Summe für die Gläubiger er
zielt werden kaun."
Das ist schön, nicht wahr? So, denkt
mau, soll eiu Kritiker denken und
schreiben. So und nicht anders!
Mau könnte stch einen Unbeteiligten,
einen Bürger, einen Theaterbesucher
(dreimal im Jahre) könnte mau sich
denken, der stch dächte: „Anständig
benommen hat stch der Manu (ich rede
von Robert) hat stch der Manu zwar
nicht; aber er kaun vielleicht was.
Lr versteht vielleicht seine Sache?
Versuchen wir es einmal und passen