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schallte nicht als ein verspätetes Echo in uns auf, es fiel aus der Höhe in
unsere Seele. Und war uns nicht, als ob aus großer Ferne die unendliche Kraft
uns zunickte, daß diese Empfindung richtig sei?
warum verstanden wir plötzlich die religiöse These: Recht und Gesetz seien
zweiten Ranges, und das einzig wertvolle der Anschluß an einen großen willen
außer uns, die protestantische Immediatstellung zu Gott, die keine moralistische
Zwischenrechnung zwischen dem Schöpfer und seinem Geschöpf duldet? Jetzt
wo der Krieg nach unserem Herzen griff und es für sich nahm, und wir, wie
geblendet von dem inneren Licht seines willens, uns zu ihm bekannten, erfuhren
wir erst, was Wille ist: etwas Übermenschliches, dessen (Quelle nicht im Menschen
liegt, dessen Gefäß wir werden können, ein Teil dann der ewigen Kraft, des
freien, weil nicht bedingten willens, was wir Eigenwillen nannten, ist nur
Not; wer ihn preist, ein geborener und verlorener Knecht. Die aber, denen sich
der Einklang von Krieg, Religion und Musik vollzog, in ihren Taten, und die
den singenden Ton von Freiheit und willen, niebesiegt durch die gemeine Wirk
lichkeit des Krieges, aushielten, sind denen gleich, die unsere Väter Helden nannten.
wie bald wird das kluge geordnete Lhaos des Friedens wieder in seine
Rechte eingesetzt seinl Aber umsonst wird die Erfahrung, daß das Adelsrecht
der Gewalt dem großen willen näher kommt als die kleine seelenverderbende
Rechtlichkeit und Gesetzmäßigkeit des Friedens, nicht gewesen sein. Zuviele haben
im tiefsten Herzen für immer vom Frieden und seiner Rangordnung Abschied
genommen; wir werden uns höher anbauen als bisher, nicht in der Sicher
heit, wo der Hamster das Wappentier wird, der Adler soll es bleiben auch
im Frieden.
Lucia Dora Frost