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— also wie gesagt, die Züricher hörten sich den „bellenden 
Hund“ von Ball mit offenen Ohren, aber wenig geneigtem 
Herzen an. Nun hat Ball, der wirklich sehr gut Klavier spielt, 
die wahre Ruhe eines genialen Menschen. Er leitete das 
Cabaret Voltaire, das diesen Namen nach dem Namen des 
bekannten liberalen Politikers erhalten hatte, mit Umsicht. 
Gage zahlte er allerdings nicht. Dafür hatte er seine Variöte- 
Erfahrungen nicht umsonst gemacht, wie man in dem Roman 
Elammetti (Erich Reiss) nachlesen kann. Es gab da in dem 
Niederdorfer Varidtes Paschas ausgeprägtester Art. Sie 
schwangen den Rohrstock oder den Knieriemen mit be 
sonderer Vorliebe in Bezug auf die runden Gesäße ihres weib 
lichen Personals. Nicht etwa aus sadistischer Freude (dazu 
waren sie noch zu dumm) — nein, um ihre Mütter zu er 
nähren oder um Sonntags mit einem reinen Anzug in die 
Kirche gehen zu können. Zur Veranschaulichung des Züricher 
Volkscharakters gebe ich folgende Anekdote. Ich gehe mit 
Tristan Tzara, dem berühmten Dada-Sänger und Lebe 
mann, über die Bahnhofstraße in Zürich. Zeit: io Uhr abends. 
Es gehen immer Frauen vorüber, deren Kleider die reine 
Glasarchitektur in Bezug auf Durchsichtigkeit sind. Es 
ist scheinbar Sommer. Bei mir ist immer Sommer, wenn 
sich der Sexus meldet. Sexus ist efn Commis von Marchal 
Field, New-York, hohe Telephonnummer. Na, Sie ver 
stehen. Uns ging es ähnlich. Sie müssen nämlich wissen, 
mein Freund Tzara ist Rumäne. Also, wie gesagt (besoffen 
sind wir auch gerade etwas; Diner bei Huguenin) — der 
Tzara fragt eine Frau, eine ältere Dame aus dem Lande 
der Barchenthosen und der Doppelkinne, Fistelstimmen, 
des Schweizer Käses, der Schweizer Schokolade usw. ohne 
Umschweife nach einem Bordell. Nun ist ein Bordell für 
Dadaisten die natürlichste Sache von der Welt. Frauen 
sind ja bekanntermaßen wie Artischokken — ach ein Bordell, 
du köstliches Genezareth unserer Sünden. Alle Interessenten 
mögen sich schnellstens an die von meinem Freunde Raoul 
Hausmann dirigierte internationale dadaistische Geschlechts 
zentrale wenden. In Zürich jedenfalls, das von einem Alt 
weiberklub regiert wird, dem Brennpunkt muckerischer
	        
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