Romain Rolland und seine Anhänger, die sich mit einer sentimen
talen Entrüstung über die Grausamkeiten des Krieges begnügten
und in ihren Werken den Ton eines humanitär angehauchten Pazi
fismus anschlugen. All diese Leute sahen keinen Ausweg aus dem
Labyrinth des Grauens, ihrer Verzweiflung am Heute fehlte der
Glaube an das Morgen. Kassäks antimilitaristische Propaganda, die
er als Künstler und als Mensch entfaltete, war in seinem Sozialismus
verankert, sein Pazifismus ging mit der heißen Sehnsucht nach der
erlösenden Revolution schwanger. So sind denn auch seine Ge
dichte von damals flammende Proteste gegen den unmenschlichen
Massenwahnsinn, dichterische Agitationen, prophetische Visionen
der Tage des Aufruhrs, der noch im Schoße der Zukunft schlief:
Handwerker.
Wir sind nicht Gelehrte noch sinnende Priester mit honigsüßen Worten
und auch Helden sind wir nicht, die mit wildem Tschindaratta in die Schlacht
gezogen
und die jetzt ohnmächtig liegen in Meeresgründen, auf sonnigen Bergen
und auf den blitzversengten Gefilden rings, rings die ganze Welt umher.
Unter dem blauen Firmament baden die Stunden jetzt in herrenlosem Blut.
Doch alldem sind wir schon weit entrückt. Wir sitzen unter den dunklen
Zinskasernen
wortlos und voll, wie der ungelöste Stoff selber.
Gestern weinten wir noch und morgen, morgen wird das Jahrhundert viel
leicht unser Tun bewundern.
Ja! Denn unseren häßlichen, knorrigen Fingern entkeimt schon die frische
Kraft
und morgen feiern wir schon Feste auf den neuen Mauern.
Morgen werfen wir aus Asbest, Eisen und ungeheurem Granit ein Leben
auf die Ruinen
und hinweg mit den Staatsdekorationen! mit dem Mondschein! und den
Varietes!
Gewaltige Wolkenkratzer bauen wir dann und das Ebenbild des Eiffel
turmes zum Spielzeug.
Brücken mit Basaltfüßen. In die Räume neue Signale aus klingendem Stahl
und auf die verreckten Schienen schleudern wir heulende, feurige Lokomotiven,
auf daß sie glänzen und die Bahn durchrasen, wie die wirbelnden Meteore
des Himmels.
Neue Farben mischen wir und unter dem Meere ziehen wir neue Kabeln
und schwängern die reifen, mannlosen Weiber, daß die Erde ein neues
Geschlecht nähre
und die neuen Dichter sich freuen, die das neue Gesicht der Zeiten vor uns
singen:
IN ROM, PARIS, MOSKAU, BERLIN, LONDON UND BUDAPEST.
Nach solchen Vorbereitungen konnte es niemand wunder
nehmen, daß die mit dem Ende des Krieges herangebrochene
Revolutionsepoche die radikalen Künstler Ungarns, vor allen aber
Kassäk selbst, in voller Rüstung traf. Nicht nur, daß er Töne fand,
die der Seele dieser bewegten Jahre am prägnantesten zum Aus
druck verhalfen. Mehr als das: er ist der eigentliche Dichter dieser
Jahre. Sein Werk bedeutet zugleich eine kurze, aber fruchtbare
Blütezeit einer neuen politischen Dichtung, die alles eher, denn eine