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y^ur Sommerszeit war Jörg Matador der Sportplätze und
schoß wahre Parafrasen im Fußball, daß alle entzückt
schrien: Oooo! Jörg! riefs übers Feld, Jörg! hallte es wider.
Nach Spiel vom Publikum begafft, umjubelt, von Fraun
herausgetragen und schenkelbeklopft, das war sein Leben.
Da entschloß sich Jörg, einem allgemein dringendem Wun
sche entgegenkommend, liebenswürdig, seine Biografie vom
Stapel zu lassen und kündigte daher einen Vortrag an, betitelt:
MEIN WERDEGANG
Ein Evangelium der Kraft
Ah! seufzten alle Turnlehrer der Stadt und strichen sich
ihre besemmelten Bärte, das riecht nach etwas. Gegen das
verzückte Wonnegeschrei der Damenwelt war das aber noch
gar nichts. Abends war der Saal ausverkauft. Jörg trat heiter
lächelnd zum Podium, nachdem Glocke schon elfmal zur
Ruhe getönt. Doch ehe er beginnen konnte, stand vorn,
natürlich in der ersten Sesselreihe Fräulein DDr. Bathseba
Schur empor, die, da sie auf Medizindoktorat auch noch
das der Filosofie zugetürmt hatte, so 24 Jahre alt, für den
Horizont des Spießbürgers im allgemeinen und für die kleine
Stadt mit Naz Propper im besondren immerhin ein Fä-
nomen war, zur schärfsten Betonung ihres Ausnahmemen
schenweibtums Haare kurz geschnitten, angenehm illustriert
mit behorntem Klemmer auf süßlicher Nase, nebenberuf
lich Heraldikerin, stand also energisch auf und fragte:
Ehe wir Ihre Biografie vernehmen, haben wir ein Recht
zu wissen, wie Sie heißen?
Jörg sagte mit einer ungeheuer jovialen Verbeugung:
Ich heiße § §.
Wie bitte? Paragraf Paragraf!
Ah! da sind Sie wohl der Embryo Ihres Jahrtausends?
Nein, nur der Zeitgenoß meines und Ihres Jahrhunderts!
Man lachte ob der Antwort und verzieh ihm alles. Auch
wurden die Lichter ausgedreht, schon damit das sehr ge"
scheite Fräulein DDr. medizinische Studien befaßlich be
treiben konnte. Hurra!