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ich, dass ein Preisgericht nur die Aufgabe und Pflicht
hat, die ihm vorgelegte Skizze zu lesen, sie auf
das Programm und die Architektur (ich glaube
annehmen zu dürfen, dass Sie wissen, was Architektur
ist), zu prüfen, und das Ganze vorzudeuten, d. h. aus
ihm die Qualitäten des Verfassers herauszudestillieren.
Ein anderer sachlicher Anhalt als das Programm darf
für das Preisgericht nicht existieren und spezielle
Sonderwünsche, Sonderliebhabereien und Sonder
abneigungen dürfen in seinen Erwägungen keinen Platz
haben.
Es gibt aber auch kleine Pflichten des Preis
gerichts; z. B. dafür zu sorgen, dass die eingereichten
Zeichnungen nicht beschmutzt, und verdorben werden,
dass sie achtungsgemäss und vollständig ausgestellt
werden, und dass die Bauherrschaft begreift, was ihr
Unternehmen in sich schliesst; dass sie begreift, dass
ihre Pflicht nicht erledigt ist mit der Aussetzung einer
noch so hohen Preissumme. Jeder Wettbewerber hat
ein Recht auf die Gewissheit, dass die Qualifikation
der Preisrichter alle Zufälligkeiten der Entscheidung
ausschliesst und die Bewerber durften an das Vor
handensein der entsprechenden Voraussetzungen auch
hier glauben, und mussten daran glauben, trotz mancher
wohlbekannten Eigenheiten der vorliegenden Preisrichter.
Auf alle Fälle verlangt die Aufwendung einer so
ungemessenen Summe von Zeit, Mühe, Nachdenken und
ernster künstlerischer Arbeit eine Achtung, eine Be
handlung und eine so hohe und schwere Objektivität,
dass es reiflichste Ueberlegung kosten müsste, ehe man
das verantwortungsvolle Amt eines Preisrichters an
nimmt. Bis jetzt hat die nötigen Eigenschaften, min
destens in seiner Gesamtheit, noch kein deutsches
Preisgericht gezeigt. Der Beweis dafür liegt ohne:
weiteres in dem kläglichen Resultat, das die meisten
Konkurrenzen bei ihrer späteren praktischen Erledigung;
zeigten.