Full text: Brief, Locarno-Minusio, den 25 Oktober 1929, Sanctuarium Artis Elisarion

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Locarno-Minusio,den 25 Oktober 1929 
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Sehr geehrter Herr Dr. Wartman ni 
Eben erhalte ich aus Aarau Ihre Antwort an Herrn Professor Dr. 
Matter.Daraus muss ich folgern,dass das ablehnende Urteil bereits_ge- 
‘ fasst sein wird,denn Herr Righinli kam mit der Absicht,mein Werk zu be- 
fehden,ins Haus,nur um sagen zu können,dass er selbst dagewesen.So et- 
was‘ an Unritterlichkeit hab ich noch nie erlebt,wenigstens nicht von 
einem gebildeten Menschen.Ich bin nie beim Eintritt von Fremden zug6e- 
gen,ging aber zufällig aus dem kleinen Raume rechts vom Atrium durch 
dieses und sah einen Herrn eintreten,dessen Gebahren schon so anmaas- 
gend war,dass ich einen Mann vermutete,der mit einem Vorurteil kam, 
Und unser junges Fräulein sagte mir gleich darauf,dass der Besucher 
feindselig aussähe,.Dann hörte ich,wie der Herr in 19 Minuten ® Räume 
erledigte,in knurrendem *on,soweit er überhaupt ein-Wort redete,wie 
ein Schulinspektor,der schlechter Laune ist.Mich zu sprechen hat er 
überhaupt nicht verlangt,was für einen Künstler im Hause eines Künst- 
lers dech einfache Höflichkeit verlangt hätte, . 
_Es tut mir leid,dass Herr Dr.von Mayer,der sich in hochherzigsr 
Weise meines Lebenswerkes annimht,so. ewtas hinnehmen sollte.Er hätte 
"bezahlt" und brauche seinen Namen nicht zu nenneniDas grosze Haus ver 
ursacht Kosten,schon allein der Heizung wegen,die von dem Eintritt be- 
stritten werden,und bisher hat noch jeder Besweher Yanl/ ZRKXAKKEN vVer- 
schieädnen Nationen,weit über tausend,es mit Höflichkeit als bescheiden 
betrachtet,und fFabg. jeder hat gedankt und sehr viele es als Ehre em- 
pfunden, ihren Namen einzutragen.Aber, Righini erklärte mit pathetischer 
Entrüstung: "queste cose io non faccioi",nämlich blos seinen Namen zu 
nennen.Die Zeit,die Dr.von Mayer und auch ich bei den Besuchen verlie- 
ren,die pft über eine Stunde dauern,wird mit dem Eintritt erst recht 
nicht bezahlt.Wer als Freund des Werkeswiederkommnt,bezahlt überhaupt 
nichts mehr - denn es ist kein "Unternehmen" = wenn er nicht freiwillig 
für den Baufonds stiftet.,wie geschehen ist,Wenn aber ein Künstler und 
besonders in diesem Fall Herr Righini von der Zürcher Kunstgesellsehaft 
kam,sollte er es gleich sagen und er wäre entsprechend begrüszt warden 
Es ist auch das Haus,in dem ich lebe,und wer als Künstler zum Künst- 
ler kommt,fragt doch nach ihm. ) 
Ich weisz,dass Herr Righini mir feindlich gesinnt war,auch wenn 
er die Formen eines Gentleman nach auszen gewahrt hätte,wie ich es bis 
her in meinem Umgang gewohnt war.Ich pflege auch mit Bedienten höflich 
umzugehn.Und bin ich auch der Diener meines eignen Werke6,3s0 bin ich 
doch nicht der Bediente jedes Beliebiyen,der mein Haus bötritt.Wie ge- 
sagt,so wöwas ist mir noch nie ‚begegnet,und ich durchschaue die Zusam- 
menhänge der mir Feindseligen.Ich gönne Herrn\sRighini alle Erfolge, 
aber sachlich ist es doch sonderbar,dass nicht Kunstkenner und Kunst- 
freunde an der Spitze der Kunstkommisslion‘stehn,sondern ein Künstler, 
der alles abwehren kann,was in seine Kunstrichtung nicht passt.Solch 
eine Tyrannei wurde doch Antoz@l vol Werner verübelt.Ich habe es audh
	        
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