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Jahresbericht 1917 der Zürcher Kunstgesellschaft
in kurzen gleichmässigen Hieben von Gelbrot und Trübrosa koloriert und in einigen raschen
Zügen modelliert, das Haar in schwarzer Farbe mit den gleichen kurzen Strichen als
Masse gegeben. Auf dem zweiten Blatt, wo die Ruhe des Todes sich völlig über die Gestalt
gebreitet hat, ist das mit schwarzen Konturen umrissene Gesicht in Ölfarben durchmodel-
liert, die Lichter in Ockergelb, die tiefen Schatten grün, die Zwischentöne in Mischungen
von gelb und grün. Dieses Werk schliesst einstweilen die Reihe der Hodlerschen Zeich-
nungen in der Zürcher Sammlung.
In einem Buche, das erst vor wenigen Jahren, aber doch noch in einer Zeit
erschienen ist, da es als gewagt gelten mochte, für Zeichnungen von Ferdinand Hodler
in weitern Kreisen Verständnis und Anteilnahme zu erwarten, wird ausgeführt, dass sie
nur durch unablässige, geduldige Beobachtung, verbunden mit mitschaffender Gemüts-
bereitschaft fruchtbar werden. Vielleicht hat die nähere Bekanntschaft mit der Kunst
des Meisters diese Gemütsbereitschaft, in Zürich wenigstens, zustande kommen lassen;
so dass die allein schon in der Manigfaltigkeit der technischen Lösungen so reichen Blätter
Freude machen und Freunde finden. Oder, wenn nicht das wirkt, was formal an ihnen
ist, so öffnet vielleicht was an Wille und an Kraft des Ausdruckes in ihnen steckt,
den Weg. Oder schliesslich was hinter ihnen allen steht: das Gesamtwerk des Meisters
als unteilbares, mächtiges Ganzes, als Gebirge, das in der Erde wurzelt und an die Wolken
stösst. Die Zeichnungen schliessen sich zum Grunde, aus dem die Höhen wachsen, und
sind die Brücken, die sich von Gipfel zu Gipfel schwingen.
Notiz:
a
Q
Die 1917 durch die Zürcher Kunstgesellschaft neu erworbenen Zeichnungen von F. Hodler bleiben
während des Monats April 1918 in den Bibliothekräumen des Zürcher Kunsthauses ausgestellt.
Von den Tafeln I—IV dieses Jahresberichtes sind Drucke mit grossem Rand und ohne
Schrift im Kunsthaus käuflich.