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Jahresbericht 1932 der Zürcher Kunstgesellschaft
Das Jahr 1932 wird für die Zürcher Kunstfreunde das Jahr der Picasso-Aus-
stellung bleiben. Wie 1931 die internationale Plastik-Ausstellung, ermöglichte ein
städtischer Beitrag im Berichtsjahr diese so andersartige Veranstaltung, die auch wie
jene, vielleicht mit noch stärker in Erscheinung tretendem äusseren Erfolg zu einem
Ereignis von wahrhaft öffentlicher Bedeutung wurde. Die Zahl von 34 000 Besuchern
bekundet die Anteilnahme der Bevölkerung von Zürich und seiner näheren und
weiteren Umgebung, die Besprechungen und Aufsätze in der Tagespresse und in
Zeitschriften, die durch die Ausstellung oft zu weiter gefassten, grundsätzlichen
Untersuchungen über die Kunst unserer Zeit und das Kunstproblem überhaupt sich
anregen liessen, die Breite ihrer geistigen Auswirkung. Was sie den einzelnen
Besuchern aller Altersstufen und Berufsstände an künstlerischer Anregung und
neuen Einsichten bot, liess sich aus der gespannten Aufmerksamkeit vor den Bildern
und den lebhaften mündlichen Äusserungen in und ausser dem Kunsthaus ahnen.
Die Ausstellung bestand im Kern aus den Werken, die der Künstler und seine
Freunde für eine erste Vorweisung in Paris vereinigt hatten; für Zürich kamen neue
hinzu, andere fielen weg. Für die Darbietung war Zürich insofern besser bestellt, als
in den grösseren Sälen des Kunsthauses eine ungezwungenere Gliederung und Aus-
breitung der Bilder möglich wurde. Der Präsident der Ausstellungskommission,
Herr S. Righini, gab mit künstlerischer Durchdringung des gewaltigen Stoffes auch
der Picasso-Ausstellung das Antlitz und fand die dankbare Zustimmung des Meisters,
der für die letzte Zeit der Vorbereitung und einige Tage nach der Eröffnung mit
seiner Familie nach Zürich gekommen war.
Neben dem Glanz des Ausstellungsjahres, das als weitere ausserordentliche
Veranstaltungen schon im Januar die schöne Impressionisten-Sammlung Oscar
Schmitz, im Frühjahr eine starke Gruppe neuer Bilder von Edvard Munch und im
Vorsommer die von blühender französischer Malkultur gesättigte Bonnard/ Vuillard-
Ausstellung brachte, trat die Sammlung äusserlich weniger hervor. Mit einigen
bedeutenden Erwerbungen und auch durch Schenkungen konnte immerhin ihr
Ausbau wirksam gefördert werden. Eine in mancher Hinsicht aufschlussreiche
Prüfung musste sie über sich ergehen lassen, als im Herbst auch die bisher in unan-
tastbarer Ruhe tronenden Bestände des zweiten Stockwerkes in den andersartigen,
im ganzen etwas intimeren Ausstellungs- und Sammlungssälen des ersten Stock-
werkes neu aufgestellt wurden. Von anderer Seite her beleuchtete die Sammlung
in ihrem Werden, gegenwärtigen Bestand und Möglichkeiten für die Zukunft das
reich illustrierte Neujahrsblatt 1933 „Die Sammlungen im Zürcher Kunsthaus“,
das sich an jeden wendet, dem das zürcherische Kunstmuseum und die Bestrebungen
der Zürcher Kunstgesellschaft etwas bedeuten.