Volltext: Jahresbericht 1939 (1939)

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Jahresbericht 1939 der Zürcher Kunstgesellschaft 
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Zum erstenmal wird das Zürcher Bild, nach einer schwarzen und allseitig etwas be- 
schnittenen Vorlage, reproduziert in dem Band «Barockmalerei in den romanischen Län- 
dern» von 1928, des Burgerschen «Handbuch der Kunstwissenschaft» mit dem Text, den 
Grautoff für das Londoner Bild im ersten Band seines Poussin-Werkes geschrieben hat. 
1932 folgt aber in der Gazette des Beaux-Art eine größere Abhandlung mit einem geradezu 
{eurigen Bekenntnis zu dem Bild. Grautoff wiederholt hier zuerst, was das Verzeichnis von 
5mith über die früheren Eigentümer meldet — wo von der Rückseite einer mit dem 
Original in das Kunsthaus gelangten Photographie noch ein Vermerk «Collection: The 
Earl of Yarborough» nachzutragen wäre — und fährt fort: 
«Ce tableau est, sans aucun doute, ä cöte de la Bacchanale avec une joueuse de luth, le 
plus bel ouvrage de l’Pepoque titianesque de Poussin. Le petit detail de Londres s’efface 
devant cette composition. Les deux peintures descendent du Jupiter et Antiope du Louvre. 
La gräce ideale du corps feminin, la tension des muscles et de l’epiderme, le remarquable 
accord de la tendresse et de la passion, les longs doigts effiles, la joie des lignes qui fait 
öclater le traitement pictural, tout cela contribue ä affirmer lindependance du Francais 
vis-ä-vis du Venitien. Poussin, en pleine Rome baroque, demeura fidele ä la voix de son 
sang. En aucune peinture de cette €poque l’unite des figures et du paysage n’apparait aussi 
consommee. L’Amour avec la colombe, le faune qui regarde ä travers les troncs d’arbres, 
les deux faunes ä droite, au second plan, s’etagent en profondeur. Au fond, le crepuscule 
d’or repand une lumiere de gloire qui s’&tend au-dessus du faune eperdu d’admiration. 
Dans le concert des couleurs on percoit l’ordonnance rationnelle de la composition. Les 
corps se gonflent, le paysage brille, le ciel flamboie. Le nu blond de la femme est en pleine 
lumiere sur la draperie oü se melent des tons blanc-de-lait et eau-de-Cologne. Au-dessus se 
massent des feuillages vert-Veronese. Parfois les couleurs se noient en des ombres opaques, 
parfois elles se transmuent en un blond brun et en terre de Sienne. Les chairs des hommes 
Yenlevent en orange-fonce, ou en terre de Pouzzoles. La lumiere repand un reflet d’or 
assourdi sur l’epaule et le bras du faune au premier plan, elle jette au ciel un admirable 
öclat jaune d’or. Nous allons ainsi du sombre au clair, et de la clarte laiteuse ä l’ombre 
brune. La fantaisie de Poussin a cre€ dans le cadre de ce paysage une bacchanale qui est 
au nombre des plus belles peintures du XVIIe siecle.» 
[m Allgemeinen Lexikon der bildenden Künstler erwähnt 1933 Walter Friedländer, der 
wie Grautoff im Jahre 1914 eine Gesamtdarstellung des Werkes von Poussin veröffentlicht 
hat, das zürcherische neben dem Londoner Bild, ohne es gesehen zu haben, und meint 
«Fraglich, welches von beiden eigenhändig». Man möchte dazu ihn selber zitieren, der eine 
Seite weiter vorn, allerdings für die «spätere» Zeit von Poussin feststellt «Die zweite Aus- 
führung eines Gemäldes, auch wenn es ausgesprochen Ilyrischen Inhaltes, wird stets gegen- 
über der ersten lockeren Fassung rationalisiert und stilisiert>. Das Londoner Bild stellt sich 
in der Tat dar als eine Improvisation, zur Festlegung des Vorgangs, das größere in Zürich 
als dessen Einreihung in das Gefüge einer nach allen Richtungen ausgeweiteten und aus- 
gewogenen Komposition. Die «Hand» ist im Figürlichen und in der Umsetzung der vege- 
tativen Natur die gleiche. 
Was bei der Ueberprüfung des Bildes neben den Reproduktionen im Handbuch und 
in der Gazette des Beaux-Arts auffällt, ist eine Unterbrechung der großen Helligkeit rechts, 
vom Bilde aus, im Himmel durch ein Stück Baumstamm. Es ist die etwas plumpe Ver- 
längerung des Stämmchens, das hinter der rechten Hand des Bärtigen und der linken
	        
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