Volltext: Jahresbericht 1942 (1942)

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Jahresbericht 1942 der Zürcher Kunstgesellschaft 
Do 
‚Sammlung I‘ — was jetzt ausgestellt ist, was während dieses Sommers ausgestellt 
werden konnte — ist ein Ergebnis der Sammeltätigkeit der Kunstgesellschaft seit 1910, die 
für diesen bestimmten Teil der Sammlung nach dem durch sie aufgenommenen schwei- 
zerisch-nationalen Prinzip der alten Künstlergesellschaft, ihrer Vorgängerin, gesammelt hat 
und weiter sammelt. 
Mit dem Prinzip der Sammeltätigkeit von einem andern Standpunkt aus haben sich die 
an der Generalversammlung 1941 gefallenen Anregungen beschäftigt. Von der einen Seite 
wurde verlangt, es möchte für das Kunsthaus demokratischer — das Wort ist so 
gebraucht worden —, auf breiterer Basis, gesammelt werden. Von anderer Seite wurde, 
mit der Forderung nach Konzentrierung auf nur künstlerisch Höchstwertiges, als Vorbild 
die Sammlung Oskar Reinhart genannt, die in ihren Voraussetzungen wie in ihrer Erschei- 
nung eine durchaus aristokratische Sammlung ist. 
‚Demokratisch‘ würde — ganz summarisch, ganz grob gesagt — mit leichter Beugung 
des Spruches über unserer Universität etwa heißen: nach dem Willen des Volkes; ‚aristo- 
kratisch‘: der Herr bin ich, und ich habe niemandem nachzufragen. 
Im Zürcher Kunsthaus entscheidet weder ein vielköpfiges Parlament noch eine autori- 
täre Einzelperson oder Personengruppe. 
Wie die Kunstgesellschaft zwischen der Gesamtheit des Volkes und dessen durch ein- 
zelne Individuen repräsentierten Spitzen steht, so amtet für sie, mit dem Bewußtsein der 
Verantwortlichkeit gegenüber der Gesamtheit — also nicht nach privater Lust und Laune — 
und in höherem Sinn demokratisch, ein Kollegium von Sammlern und Künstlern, die für 
sich ihre durchaus eigene, aristokratische Stellung zur Kunst haben und aus dieser heraus 
sich dem Dienst der Allgemeinheit widmen; wobei zu hoffen ist, daß, wo sie sich treffen 
und gemeinsam entscheiden, sie immer nur um künstlerisch Bestes sich summieren. Daß 
sie nicht die einzigen ‚Aristokraten‘, d. h. Kunstfreunde mit angeborener oder doch selbst- 
erworbener und selbständiger Empfänglichkeit und Einstellung zur Kunst sind, ist selbst- 
verständlich. Und daß andere Mitglieder der Zürcher Kunstgesellschaft, die diese Eigen- 
schaften in sich spüren, zur Abklärung von Kunsthausfragen, die unter wechselndem Aspekt 
stets existent, stets ‚brennend‘ sind, mithelfen wollen, ist dankenswert. 
Mit der Gesamtausstellung der für unsere gegenwärtige Empfänglichkeit künstlerisch 
gehaltvollsten schweizerischen Sammlungsbestände der letzten zwei Generationen und der 
unsern, in ‚Sammlung I‘, und den künftigen Abteilungen — auf die im Jahresbericht hin- 
gewiesen ist — Sammlung II und Sammlung III — wollen die Organe der Kunstgesellschaft 
eine positive und ergiebige Aussprache möglich machen, vorerst für den Bereich von 
‚Sammlung I‘, neuere und zeitgenössische schweizerische Kunst, welche bisher als Kern 
und erste Aufgabe der Kunsthaussammlung betrachtet worden ist. 
Für die Aussprache und für jedes Mitglied der Kunstgesellschaft sind damit gegeben 
die objektiven Grundlagen. Die persönliche Ausgangsstellung der Teilnehmer 
wird entscheidend sein für ihr Niveau». 
W. Wartmann
	        
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