Volltext: Jahresbericht 1946 (1946)

Jahresbericht 1946 der Zürcher Kunstgesellschaft 
37 
und Greueln der Kriegszeit, die letzten 15 sind «hochgestimmte Improvisationen» über 
allgemeinere äußere und innere Vorgänge und Zustände im menschlichen Leben, wie eben 
für Goya zuerst in Spanien es sich darstellt. Goya folgt mit ihnen wieder der Linie der 
«Caprichos» und der «Proverbios», spricht wieder zu uns in Gleichnissen, in Spiegelungen, 
nicht mehr als leidenschaftlich beteiligter, doch grausam kühl erscheinender einfacher 
Berichterstatter, nicht mehr als Reporter über Tatsachen «wie sie sich ereignet haben». 
Die Betrachtung der 80 Radierungen in den Größen von 16 X 13 bis 21 X 16 cm öffnet 
durch das äußere dem inneren Auge die grenzenlosen Horizonte und die Abgründe mensch. 
lichen Treibens und menschlichen Leidens. Die Auswahl von zwölf Abbildungen in ver- 
kleinernder Reproduktion, die diesem Hinweis beigegeben ist, kann einen Begriff vom 
allgemeinen Thema der Folge geben, nicht aber Einblick in seine mannigfaltigen und grau- 
samsten Abwandlungen. Die erste Abbildung zeigt die Hiobsfigur des spanischen Menschen 
im Angesicht der unheilschwangeren Zukunft. Die zweite nimmt die Legende eines bei 
Goya vorausgehenden Bildes auf, in welchem es von durch Soldaten bedrängten Frauen 
heißt: Sie wollen nicht. Die Abbildungen auf Tafel II zeigen oben, wie Spanier mit den 
Leichen französischer Soldaten verfahren, unten wie französische Soldaten als Mörder .von 
spanischen Männern und Peiniger von Frauen sich benehmen. Tafel II gibt weitere Proben 
von den Untaten der französischen Soldateska, Tafel IV Bilder vom Hunger-Elend im 
Gefolge des Krieges. Mit den Bildern der Tafeln V und VI lenkt Goya vom spanischen 
Schicksal in allzemein menschliche Themen über. 
Auch die Kraft und die Besonderheit der Handschrift und der Formensprache des 
Künstlers lassen die Reproduktionen wohl eben nur noch ahnen. Sie zeigen seine Ueber- 
legenheit in der Verflechtung von Hell und Dunkel, hier das verknäuelte Ungestüm und die 
Wucht und Wildheit, da die Ruhe und Majestät der Komposition und stellen und beant- 
worten die Frage, warum im ersten der beiden einander so ähnlichen letzten Blätter die 
Wahrheit wirklich erloschen ist. im zweiten aber auferstehen muß. 
COURBET 
Die Grotte der Loue 
Mit kurzen, eiligen Wellen zieht die Loue, einen mäßigen Steinwurf breit, halb manns- 
tief, über hellem Geröll an den an und über sie hin gebauten alten Häusern von Ornans 
vorbei. Da und dort, etwa über den Kolken hinter den Brückenpfeilern, schimmert es bläu- 
lich. Oberhalb und unterhalb der Ortschaft weitet der Fluß sich zu flachen Spiegeln und 
wechselt dann wieder mit Rauschen und Wirbeln von Ufer zu Ufer. Die Kaufläden der 
Dorfstraße, die dem Lauf des Wassers und des unten grünen, oben von weißgrauen Fels- 
bändern begleiteten Jura-Tals folgt, zeigen Angelruten, sorgsam aus Bambus geplißte, mit 
gefärbten Seidenschnüren, langen Vorfächern aus Seidenraupendarm, künstlichen Fliegen 
und Multiplikatorrollen für die listige Jagd auf Forellen und Aeschen.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.