Volltext: Jahresbericht 1946 (1946)

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Jahresbericht 1946 der Zürcher Kunstgesellschaft 
FORAIN 
A V’Opera 
«A TOpera» von Jean-Louis Forain, 1852—1931, ist noch einmal ein «Bild ohne Farbe». 
Es lebt in Braun und Grau mit wenig Schwarz und Weiß. Man kann sagen, es sei eine Zeich- 
nung mit dem Pinsel, die erste Anlage eines Bildes wie Grisaillen von Daumier es sein 
können. Wie diese erfüllt es aber den Anspruch, als Komposition und Aussage vollständig 
zu sein. Die Figuren im gegen die Bühne vertieften Orchesterraum oder Parterre stehen in 
warmem Bräunlich-Grau, die beiden Tänzerinnen am Rand der Bühne ebenfalls in Braun 
und Grau, die übrigen Frauen, und namentlich die starren männlichen Statuen oder Sta- 
tisten in metallischem Silbergrau. Der Vorgang: Nach Schluß einer Ballettvorstellung 
entfernen sich die Gründlinge im Parterre, dabei über weißen Hemdausschnitten und unter 
seidig schwarzen Zylinderhüten zwei mit müd gesenkten Blicken, ein Dritter schaut nach 
oben und ruft mit Beifallklatschen zwei Tänzerinnen an die Rampe, die sich zu ihm her- 
unter neigen, eine zwanglose Assistenz nimmt daran weiter nicht Anteil. 
Forain ist in der Schweiz viel weniger bekannt als seine Vorgänger und Zeitgenossen in 
Frankreich, mit denen zusammen er meist genannt wird. Es ist behauptet worden, er stehe 
zwischen Daumier und Lautrec, was nicht der Zeit nach und kaum der Formensprache nach, 
nur nach der Themenwahl teilweise gelten könnte; oder zwischen Lautrec und dem West- 
schweizer Steinlen; oder es sei ein Weggenosse von Degas gewesen. Unbestritten gehört er 
zu den großen französischen Zeichnern des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts. 
Entscheidend für die Wahl seiner Laufbahn und die Richtung seiner Kunst soll 1869 die 
Begegnung mit den Radierungen von Goya geworden sein, 
Er wird Karikaturist und Sittenschilderer in Pariser Zeitschriften wie «Cravache», «Jour- 
nal amusant», «Courrier Francais», «Monde Parisien», «Figaro>», «Echo de Paris», «Rire», 
mit Themen aus dem Theater, der Halbwelt, dem Gerichtssaal, hoher und niederer Politik, 
der Arbeiterbewegung, dem Neuen Testament. 1889 und 1898—1899 veröffentlicht er kurz- 
lebige, aber scharf aggressive eigene Wochenschriften wie «Le Fifre» und «Psst». Von Zeit 
zu Zeit in unregelmäßigen Abständen sendet er auch einzelne Gemälde an die großen Aus- 
stellungen. Nach 1890 erscheinen Sammelbände von Illustrationen als «Album Forain», 
<Comedie Parisienne», «Nous vous eux», «Doux Pays», in denen wie Themen des täglichen 
and nächtlichen Pariser Lebens, lange Reihen von Bildern dem Panamaskandal, der Zola- 
Hetze, dem Dreyfus-Handel, gelten, 
Im Lauf der Jahrzehnte wird die anfänglich wenig prägnante Zeichnung straffer, be- 
stimmter, und steigert sich zu härtester, kantiger Schärfe. Wie in der Form, gestattet 
Forain auch in der Tendenz seiner Darstellungen und in deren Legenden sich keine Weich- 
heit. Sein Wesen ist Kritik und Angriff, gelegentlich mit Witz, nie mit Humor; die Blätter 
dabei seit dem Ende des Jahrhunderts als Zeichnung und Ausdruck oft großartig, als Ten- 
denz oft zu einseitig und grob. 
A l’Opera scheint nach Strich und Form um 1900 herum entstanden zu sein. Auch hier 
zommt Forain dem Beschauer nicht entgegen, doch ist das Bild überlegen zusammen- 
zefaßt, aus einem Guß, und läßt die reiche Stufung in den Tönungen zwischen Schwarz 
ınd Grau mit eingesprengtem Gelbbraun für den aufmerksamen Betrachter die einzelnen 
Figuren und Gruppen Form und Bewegung, das Ganze Bild, Fülle und Räumlichkeit ge- 
winnen. Die Maße sind 81 cm breit, 65,5 cm hoch.
	        
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