Jahresbericht 1946 der Zürcher Kunstgesellschaft
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Man spricht oft vom Hintergründigen in der Kunst von Munch. Es ist ein Ausfluß der
nordischen Veranlagung, nie und nirgends leere, tote Dinge, überall und stets nur belebtes
und wirkendes Wesen zu sehen und zu spüren.
In Lübeck hat kurz nach 1900 mit rätselhafter Anziehung ein sonderbarer Einzelgänger
sich Munch genähert, um als geheimnisvoller, nie recht faßbarer Schutzgeist auf Jahre
hinaus selbstlos und leidenschaftlich für das Werk und den Künstler sich einzusetzen. Albert
Kollmann hat ihm das Haus und das Vertrauen des Doktor Linde erschlossen. Die Freunde
von Munch wissen, was dies für sein Schaffen bedeutet hat. Kollmann ist beim Ausbruch
des Krieges von 1914 krank aus Rom nach Norddeutschland zurückgekehrt und dort am
14. Dezember 1915 gestorben. Das Zürcher Kunsthaus hat vor drei Jahren sein 1901 von
Munch gemaltes Bildnis erwerben können. Im Maiheft 1944 des «Werk» hat der Direktor
das Bildnis den über Kollmann erhaltenen Nachrichten gegenüber gestellt. Darauf ist durch
einen Freund des Kunsthauses diesem auch die von Ernst Barlach in Eichenholz geschnitzte
Kollmann-Maske als Geschenk überreicht worden. Die Tafel XV dieses Berichtes zeigt das
Bildnis von Munch und die Maske von Kollmann nebeneinander.
W. Wartmann