Jahresbericht 1946 der Zürcher Kunstgesellschaft
Sammlung
Die Raumnot im Kunsthaus, wie sie einmal für die Sammlung allein, aber auch für die
Sammlung und die Ausstellung in ihren gegenseitigen und sich summierenden Ansprüchen
besteht, gestattete auch im Berichtsjahr nur eine in Zeit und Substanz ungenügende und
anbefriedigende Sichtbarmachung des Sammlungsgutes. Im zweiten Stockwerk konnte die
im August 1945 eingerichtete Auswahl «Von allem etwas» mit ausländischen Gemälden des
14. bis ins 20. Jahrhundert und ausländischen und schweizerischen Skulpturen aus noch
weiter gespannten Zeiträumen einstweilen beisammen bleiben, im ersten Stockwerk schwei-
zerische Gemälde des 19. und 20. Jahrhunderts nur während vier Monaten von Anf ang Februar
bis Ende Mai gezeigt werden. Im Oktober wurde das ganze Kunsthaus für die «Meister-
werke aus Oesterreich» frei gemacht.
«Aus den Augen, aus dem Sinn». Die Gefahr, daß bei so weit getriebener Freizügigkeit
bei den Mitgliedern der Kunstgesellschaft und beim Zürcher Volk die lebendige Beziehung
zur Sammlung und ihrem Reichtum schwinde, und schließlich das Bewußtsein überhaupt
ihres Vorhandenseins, besteht freilich und ist nicht gering zu achten.
Mit Ankäufen, Schenkungen, Leihgaben konnten wiederum eine Anzahl gewichtiger
Bausteine zur Verstärkung der Sammlung innerhalb des seit Jahrzehnten verfolgten Pro-
sramms gesichert werden.
Der Abteilung Plastik brachte das Jahr drei Bronzen von Germaine Richier, als
Ankauf den weiblichen Torso «Sava», als Schenkung von Frau Hulda Zumsteg die Figur
«Le crapaud», und als Schenkung des Zürcher Kunstfreundes, der seit Jahr und Tag für das
Kunsthaus sammelt, die «Escrimeuse». Dem gleichen Gönner verdankt das Kunsthaus auch
eine Frauenmaske in Bronze von Charles Otto Bänninger, Von Ernst Barlach wurde ein
Holzrelief «Mutter und Kind», 1920, erworben, von Hermann Haller die Skizze zu einer
«Sitzenden» in englischem Zement. Ein männlicher Kopf in Stein von Hans Aeschbacher
ist Leihgabe der Stadt Zürich.
Unter den Gemälden ist die kostbarste Erwerbung das Spätwerk von Paul Cezanne
«La Montagne Sainte-Victoire», die mit der Zuwendung des halben Kaufpreises durch einen
weiteren altbewährten Freund des Kunsthauses möglich wurde. In ihrer Art ebenfalls hoch
willkommen dürften die beiden Bilder von Edvard Munch «Hafen von Lübeck» 1907 und
«Damenbildnis» 1913 sein. Als vierter Ankauf kam hinzu die «Grotte de la Loue» 1863 von
Gustave Courbet.
Das Kriegsende erlaubte endlich die Ueberführung nach Zürich der durch Monsieur
Lucien Vollard zum Andenken an seinen Bruder, den Verleger und bekannten Kunsthändler
Ambroise Vollard schon längst dem Kunsthaus zugedachten Komposition «A 1’Opera» von