Jahresbericht 1947 der Zürcher Kunstgesellschaft
Sammlung
Vom Beginn des Jahres bis in den Herbst hinein standen alle Sammlungsräume im
Dienst der wechselnden Ausstellungen. Die Sammlungsbestände blieben damit der
Oeffentlichkeitentzogen, außer daß vom Pfingstmontag bis Anfang Juni im
Raum F und auf der obern Galerie die 80 im Vorjahr erworbenen Radierungen der Des-
astres de la guerra von Goya gezeigt werden konnten. Mitte Oktober konnten in den
Sälen des ersten Stockwerkes ausgewählte Werke schweizerischer Maler von der
Mitte des 19. bis in den Anfang des 20. Jahrhunderts, darunter auch von Hodler, gruppiert
werden. Sie mußten aber im November wieder Platz machen für die Ausstellung der Zürcher
Künstler und den «Graphischen Kreis». Eben daß es in der zweiten Hälfte Dezember noch
möglich wurde, wenigstens im zweiten Stockwerk mit der Aussicht auf längere Dauer eine
«Galerie des 19. und 20. Jahrhunderts >» einzurichten. Ein «Merkblatt», das
anfänglich einfach verteilt, dann um niederen Preis verkauft wurde, führte den Besucher
durch die verschiedenen Räume und machte ihn mit ihrer Besetzung und Gliederung
vertraut.
Wenn von den mehr als fünfzig Gemälden und Studien von Rudolf Koller nicht mehr
als fünf haben Platz finden können, wenn von Anker, Böcklin, Stauffer, Welti, Zünd
Werke haben zurückgestellt werden müssen, wie von Amiet, G.Giacometti, Hodler, Vallotton,
und wie von namhaften ausländischen Künstlern, wenn keine einzige Skulptur von sehr
reichen und wertvollen Beständen, keine Zeichnung, keine schweizerischen und ausländi-
schen Werke früherer Jahrzehnte und Jahrhunderte gezeigt werden können, weil die letz-
ten Mittel und Wege zur Ausführung eines baureifen Erweiterungsprojektes so schwer
sich wollen finden lassen, so sind dies Einschränkungen, wie sie keinem Museum in der
Schweiz und auf dem ganzen Kontinent sonst zugemutet werden, wie keine Stadt sonst zu
verantworten sich getraut.
Am Ausbau der Sammlung wurde mit dem Bemühen ums Ganze und dem Blick in
die Zukunft weiter gearbeitet, wie die Aufgabe es verlangt. In der Zusammenfassung der
eigenen Erwerbungen, von Leihgaben und von Schenkungen zeichnet der Weg. sich hier
schmal und bestimmt, da breiter und in mehrfacher Spur.
Skulpturen wurden im Berichtsjahr keine erworben. Hingegen wurden aus Zür-
cher Privat-Sammlungen als Leihgaben die «südostdeutsche» Holzfigur einer Heiligen
Margareta vom Ende des 15. Jahrhunderts und eine ebenfalls farbig gefaßte und teilweise
vergoldete große oberitalienische büßende Magdalena des 16. Jahrhunderts erhältlich; Leih-
gabe der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist der Bronzekopf «Augusto Giacometti» von
Hermann Hubacher von 1944; Geschenk von Frau Abegg-Stockar eine Prägung in Silber
der Böcklin-Medaille von Hans Sandreuter von 1897.
Eine Schenkung von überragender Bedeutung, die im Lauf von Jahrzehnten auf ihrem
Besitztum in Südfrankreich von Madame Helene de Mandrot geschaffene Skulpturensamm-
lung, stand seit Beginn des Jahres am Horizont. Ein Schenkungsvertrag mit der verehrten