Jahresbericht 1947 der Zürcher Kunstgesellschaft
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Leda in der Umarmung des göttlichen Schwanes. Das unter die linke Wade geschmiegte Pan-
töffelchen des rechten Fußes berührt eine Glasglocke, in der ein Goldfisch kreist. Dahinter
sitzt als Wächter ein grauschwarzer Hund mit aufgestellten spitzen Ohren und Gespenster-
augen.
Vorn in der Mitte die Dame: ein großes unsymmetrisches, larvenhaftes Antlitz im Rah-
men von weichem braunschwarzem Haar, ein blaues Kleid, oben von einer reinen, boden-
losen Bläue zum drin versinken, der Rock etwas heller, unter dem rechten Arm ein Kissen
von gelbgoldiger Seide und edelstem Rot.
Das Bild ist diagonal geteilt in eine matt blaugrüne obere Hälfte und den leuchtenden
Dreiklang vorn unten.
Max Beckmann, 1884 in Leipzig geboren, ist Sachse, kommt aber früh nach Berlin
und wird dort, nach eher lyrisch-impressionistischen Anfängen und auch schon mancherlei
Erfolgen, während des ersten Krieges und in der Zwischenkriegszeit, dann erst recht im
zweiten Krieg und in Amerika, kantig und hart. Das Bildnis Max Reger liegt noch
im ersten Abschnitt dieser Entwicklung. Es ist schon flächig hingebreitet und stark zeich-
nerisch bestimmt, hat aber noch nicht die volle Ausprägung des hurtig-strammen Rhyth-
mus, der grotesk-grausam-sachlichen Phantastik der Höhe- und Spätzeit. Die Masse des tief
zrauschwarzen, kaum etwas rötlich überhauchten Kleides, das schwere, grau übertönte
Antlitz sprengen den Rahmen vor dem regenwettergrauen Grund. Farbe geben die
schmale Krawatte in mattem Gelbrot, gelegentliche hell grünliche Schwebungen im Grund,
und Reflexe an der Figur.
Als Bildnis ist das Bild ähnlich, über-ähnlich, Reger kenntlich, freilich mehr nach der
körperlichen als nach der geistigen Figur, auch in der «expressionistisch» übersteigerten
Wucht des fleischigen Gesichts mit dem weit gespaltenen Mund, den breiten Nüstern, dem
Hängehals, dem Schubert-Grübchen; dazu die fast zierlich kleinen Hände. Reger ist 1916
gestorben, das Bild 1917 datiert. So hätte Beckmann es aus der Erinnerung gemalt; viel-
leicht gar, peinlich zu sagen — horribile dietu — mit Benutzung einer Photographie. Doch
hat die Photographie gewiß nicht ausgesehen wie das Bild.
Nachdem Frans Hals in Haarlem 1617 zum zweiten Mal geheiratet hatte, gebar ihm
seine junge Frau eins nach dem andern «mindestens zehn» Kinder, Aus diesem muntern
Rudel hat der Maler das eine und andere Bubengesicht sich vorgenommen, um von dem
Lachen seiner Kavaliere, Musikanten, Raucher und Zecher und von der Gravität seiner
Bildnisse älterer und jüngerer Herren und Damen in Maler- und Vaterfreude am Kinder-
lachen sich zu erholen. Die Forscher Hofstede de Groot (im «Verzeichnis der Werke der
hervorragendsten holländischen Meister des 17. Jahrhunderts» 1910) und Bode («Frans
Hals, sein Leben und seine Werke» 1914) kennen mehr als zwanzig zeitlich nahe beisammen
liegende derartige Studien, alles auf Holz gemalte Rundbilder.
In diese fröhliche Gesellschaft gehört das «Kind mit Blockflöte», das zum Andenken
an Herrn Dr. Henry Bodmer-Abegg dem Kunsthaus geschenkt worden ist. Bode kennt es
noch im Besitz des Kunsthändlers Böhler in München. Dieser hat es in der Folge nach
Zürich verkauft.