Jahresbericht 1949 der Zürcher Kunstgesellschaft
Ueberraschung und Glücksfall, wie vom Himmel gesandt, wurde die Leihgabe
einer ganzen Bildersammlung. Mit öffentlicher Urkunde vom 27. Dezember 1948
hatten Herr Professor Dr. L. Ruzicka in Zürich und seine Gattin Anna geborene
Hausmann verfügt, daß ihre Gemäldesammlung in ihrem damaligen und ihrem künf-
tigen Bestand im Sinn von Art. 80 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches in eine
Stiftung mit dem Namen „Ruzicka-Stiftung“ umgewandelt werde. Zweck die-
ser Stiftung ist nach 8 2 der Urkunde:
„Gemälde und Zeichnungen niederländischer und flämischer Meister des 15. bis 17. Jahr-
hunderts, sowie ausnahmsweise anderer Meister, zu sammeln und die Sammlung in geeigneter
Weise der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“
Das Stifterpaar hatte dem Vorstand der Kunstgesellschaft seine Absicht mitgeteilt
und ihm vom Wortlaut der Urkunde vor ihrer Inkraftsetzung Kenntnis gegeben.
Daraufhin war am 23. Dezember 1948 zwischen der Stiftung und der Kunstgesell-
schaft eine Vereinbarung getroffen worden, die in 7 Paragraphen das gegenseitige
Verhältnis regelt, wie 8 2 es grundsätzlich umschreibt:
„Die Ruzicka-Stiftung verpflichtet sich, im Turnus, der Zürcher Kunstgesellschaft sämtliche
Bilder der Stiftung zur öffentlichen Ausstellung im Zürcher Kunsthaus zur Verfügung zu
stellen. Die Kunstgesellschaft hat bei Lebzeiten der Stifter das Recht, so viele Gemälde aus dem
Stiftungseigentum für eine gleichzeitige Ausstellung zu beanspruchen, wie der Zahl der von der
Stiftung seit 1. Januar 1948 nach $ 4 der Stiftungsurkunde gekauften Gemälde entspricht.“
Die Stiftungsurkunde nennt als Gegenstand der Stiftung 29 Werke. Von diesen
wurden in der Folge sechs zurückgestellt oder umgetauscht. Die Ausstellung der
Stiftung von Ende Dezember 1949 im Kunsthaus zählte 47. Auf so viel hat sich der
zur Ausstellung vorgesehene Bestand in dem kurzen Zeitraum durch neue Erwer-
bungen erhöht. Unter den Neuerwerbungen befinden sich die Figuren und Bildnisse
von Brouwer, Frans Hals, Rembrandt, Rubens, die Landschaften von Patenier und
Jakob Ruisdael, die Kompositionsskizze von Tiepolo; durchweg Werke von Museums-
rang. Auf dieser Linie ist der weitere Ausbau geplant.
X
Im Frühsommer ersuchte nach Vollendung seines vierzigsten Dienstjahres der
Direktor den Vorstand um Entlassung vom Amt. Der Vorstand genehmigte seinen
Rücktritt auf Ende des Jahres und entsprach mit Anerkennung und Dank für seine
Verdienste um das Kunsthaus seinem in Verbindung mit dem Rücktrittsgesuch aus-
gesprochenen Wunsch auf Ueberlassung eines Arbeitsplatzes in einem Raum des
Kunsthauses, zur Weiterführung seiner Tätigkeit für das Schweizerische Künstler-
Archiv und das Schweizerische Künstlerlexikon und freie wissenschaftliche Arbeit
über bestimmte durch Bestände des Kunsthauses gestellte Themen.
Als neuen Leiter des Kunsthauses mit dem Titel Konservator und Amtsantritt
am 1. Januar 1950 wählte der Vorstand am 2. Dezember Herrn Dr. Rene Wehrli.