SAMMLUNG
Die Sammlung ist unser Sorgenkind. Einmal hat sie — und
das ist eine allgemeine Erscheinung — die Zeit gegen sich. Der
Sinn der heutigen Generation ist auf den Nervenreiz der in Szene
gesetzten wechselnden Ausstellung gerichtet. «Ausstellungskunst,
die zehnte und wohl letzte Muse», stand in einer holländischen
Besprechung der etruskischen Ausstellung zu lesen. Ugd doch
wäre es eintagsfliegenhaft kurzsichtig, aus einer Zeitstimmung
heraus das zu vernachlässigen, was — auch wenn man alle Un-
bekannten von Geschmackswechsel und möglichen Katastrophen
einsetzt — zukunftsträchtig sein kann.
Freilich auch eine Sammlung darf nichts absolut Statisches
sein; sie muß sich, soll sie Wirkung ausstrahlen, lebendig ent-
wickeln. «Traurig ist es, wenn man das Vorhandene als fertig und
abgeschlossen ansehen muß. Rüstkammern, Galerien und Museen,
zu denen nichts hinzugefügt wird, haben etwas Grab- und Ge-
spensterartiges; man beschränkt seinen Sinn in einem so beschränk-
ten Kunstkreis, man gewöhnt sich, solche Sammlungen als ein
Ganzes anzusehen, anstatt daß man durch immer neuen Zuwachs
erinnert werden sollte, daß in der Kunst, wie im Leben, kein Ab-
geschlossenes beharre, sondern ein Unendliches in Bewegung sei»,
so heißt es in einem Abschnitt von Goethes «Winckelmann».
Und hier beginnt unsere Sorge. Woher bei den heutigen Prei-
sen die Mittel nehmen, um der Sammlung ein der werdenden
Großstadt würdiges Wachstum zu sichern? Wie bereits früher
gesagt, reicht der heutige städtische Beitrag wohl für den Haus-
halt und einen lebendigen Ausstellungsbetrieb, nicht aber für
große Ankäufe. Hier sind wir auf die Munifizenz privater Spender
angewiesen, der zum Beispiel das Basler Museum einen bedeuten-
den Teil seiner wichtigsten Werke verdankt und die auch bei der
Entwicklung unserer Sammlung wichtig war, Eine wirksame Hilfe
leistet die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde, der, wie im letzten
Jahresbericht erwähnt, durch Geschenke einiger großer Gesell-
schaften und das Legat von Herrn Dr. Jöhr bedeutende Mittel