RELIEFFRAGMENT
AUS PERSEPOLIS
In den europäischen Museen sind Skulpturen aus der Blüte-
zeit des Perserreiches höchst selten anzutreffen. Der bedeutend-
sten Beispiele können sich der Louvre und das British Museum in
London rühmen, aber keiner ihrer Ausschnitte aus den großen
Friesen von Persepolis enthält eine ebenso gut erhaltene Figur
wie das Zürcher Fragment. Nur die Spitze des linken Fußes ist
weggebrochen, was den Gesamteindruck kaum beeinträchtigt; für
diesen sehr wesentlich ist aber die fast völlige Unversehrtheit der
fein bearbeiteten Oberfläche. Die Bemalung freilich, welche die
einzelnen Teile der Gewandung und Ausrüstung ursprünglich
durch kräftige Farben gegeneinander absetzte und dem Ganzen
eine frohe Pracht verlieh, ist gänzlich ausgelöscht. Spuren von
Türkis- und Lapislazuliblau, Purpur- und Scharlachrot, Smaragd-
grün, Gelb und Vergoldung sind an ausgrabungsfrischen Skulp-
turen beobachtet worden. Die Wirkung solcher bunter Plastik
vermitteln uns noch die Friese aus glasierten Ziegeln, wie sie am
gleichen Fundort und hauptsächlich in Susa, einer anderen Resi-
denz der Perserkönige, zutage getreten sind. Danach werden wir
uns bei unserer Figur die Polychromie etwa folgendermaßen vor-
stellen dürfen: die Haut dunkelrot, die über der Stirn sich auf-
richtenden und über dem Nacken hervorquellenden Haarlocken,
Bart, Schnurrbart und Brauen schwarz, auch die Augen bemalt,
die aus Leder oder Fell gefertigte Kopfbedeckung, Stiefel und
Gürtel vielleicht gelb oder rot, der Aermelrock zum Beispiel blau,
wahrscheinlich mit andersfarbigen Mustern verziert, die Schwert-
scheide und das Gefäß zwischen den Händen golden. Ueber die
Behandlung des Reliefgrundes geben keinerlei Funde Aufschluß,
doch ist anzunehmen, daß das Grau des Kalksteins auch hier far-
big getönt war, etwa blau oder gelb.
Zweifellos haben wir die Tatsache, daß das Bruchstück die
ganze Gestalt des Mannes und nur diese umfaßt, nicht einem
glücklichen Zufall zu verdanken, sondern es ist augenscheinlich
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