AUSSTELLUNGEN
Man könnte lange Abhandlungen schreiben über die tie-
fern Ursachen des heutigen, die Erde umspannenden Aus-
stellungsbetriebes. Sehr viel Kritisches ließe sich anmerken,
etwa über die übermäßige, gefährdende Beanspruchung nicht
der reisenden Kunstwerke allein, sondern auch der Menschen,
die in das Ausstellungswesen eingespannt sind. Auf der andern
Seite liegt wohl ein tieferes Bedürfnis vor, ein Verlangen nach
dem Einheitlichen, durch den Geist übersichtlich Geordneten;
im Gegensatz zu dem notwendigerweise mehr oder weniger
Zufälligen, Verstreuten aller historisch gewordenen, teils durch
den Zufall bereicherten Museumssammlungen.
Sei dem wie immer, der Ausstellungsbetrieb des Kunst-
hauses war im Berichtsjahr, den heutigen Anforderungen ent-
sprechend, lebhaft, Von stärkster Wirkung war vor allem die
Cezanne-Ausstellung, die zur Erinnerung an den Tod des
Meisters vor fünfzig Jahren, 1906, zusammen mit den Museen
von Den‘ Haag. und München veranstaltet wurde. Trotz
großer Schwierigkeiten gelang es, eine Kollektion zusammen-
zubringen, welche das Schaffen des Meisters klar umriß. Be-
sonders schön und vollständig waren die Aquarelle vertreten.
Die Ausstellung war sehr stark besucht und fand kräftigen
Widerhall in der Presse des In- und Auslandes. Die Strah-
lungskraft dieses Werkes bewährte sich in der Wirkung auch
auf eine jüngere Generation, die den Maler in gewisser Be-
ziehung neu sieht, empfänglich für die seinem Schaffen
zugrunde liegende Hochspannung.
Eine Veranstaltung ganz anderer Art war die zweite
Hauptausstellung des Jahres. Sie trug den Titel «Unbekannte
Schönheit» und hatte die Absicht, auf qualitätvolle und über-
raschende Werke aufmerksam zu machen, die entweder in
kleineren oder abgelegenen Museen der allgemeinen Auf-
merksamkeit entzogen sind oder von weniger beachteten oder
ganz unbekannten Malern stammen. Die Ausstellung sollte
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