GEORGES BRAQUES «CHEMINEE-STILLEBEN »
Zu einer Neuerwerbung des Kunsthauses
Das von der «Vereinigung Zürcher Kunstfreunde» 1956
erworbene Stilleben, das den Titel «La cheminee» trägt (Öl
auf Leinwand, 170 x 74 cm, signiert und datiert unten rechts:
G. Braque 23), bereichert die Sammlung des Kunsthauses
zunächst um ein Werk eines der berühmtesten französischen
Maler der Gegenwart, der bisher in ihr lediglich durch zwei
Leihgaben vertreten war. Darüber hinaus aber handelt es
sich um ein Bild, das in Hinsicht auf den Entwicklungsgang des
Meisters gerade aus jener denkwürdigen, wichtigen Epoche
stammt, in der diese Malerei den Bereich ihrer eigensten,
unverwechselbaren und zutiefst angemessenen Möglichkeiten
betritt, in der sie sich die für die folgenden Jahrzehnte und bis
heute überhaupt erst verbindlichen Dimensionen schafft.
Denn von so entscheidender Wichtigkeit Braques Beitrag zum
Kubismus ist, so teilt er sich in die revolutionäre, die «mo-
derne» Malerei recht eigentlich begründende Leistung mit
Picasso — die kubistischen Bilder der beiden sind oftmals der-
art verwandt, daß dem Betrachter die Beantwortung der
Frage, wer der Autor sei, Picasso oder Braque, nicht leicht
fällt; die Ursache dafür liegt nicht zuletzt in der durch den
Kubismus vollzogenen Einengung der thematischen Gegen-
standswelt und vor allem in der gleichlautenden formalen
Artikulierung, der die letztere unterworfen wird: das kubisti-
sche Bild erscheint in gewisser Beziehung als das Resultat
eines radikal entindividualisierenden Gestaltungsprozesses. —
Vollends der noch frühere Braque, derjenige des Fauvismus,
ordnet sich zwangslos einer ganzen Gruppe von Malern ein.
Als Fauve steht Braque im festen Zusammenhang einer «Stil-
welle», an der Künstler wie Matisse, Vlaminck, Derain,
Friesz, Marquet einen mehr oder weniger gleichmäßig be-
stimmenden Anteil haben.
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