SAMMLUNG
Bei der baldigen Eröffnung des Kunsthausneubaus wird
auch die Sammlung endlich in ihre Rechte treten. Dann, bei
einer wenigstens in großen Zügen stabilen Neueinrichtung,
werden sich ihre Stärken und Schwächen weisen. Deutlicher
als bei den bisherigen, stets wechselnden Teilaufstellungen —
mochten diese auch dem Direktor und vielleicht einzelnen
treuen und regelmäßigen Kunsthausbesuchern Vergnügen
machen.
Verpaßten Gelegenheiten nachzutrauern — und welche
Sammlung hätte dazu nicht Grund — ist unfruchtbar. Schlim-
mer ist, daß es sehr schwer ist und voraussichtlich auch
sein wird, festgestellte Lücken zu füllen und Versäumtes
nachzuholen. Eilen doch die Preise für Kunstwerke dem
Lebensindex um ein Vielfaches voraus in nachgerade phan-
tastische Höhen, so daß sogar manchem Kunsthändler vor
dem eigenen Mut angst wird. Notieren wir als Beispiel, daß
für ein mittleres Werk von Bonnard heute Fr. 140 000.— ver-
langt werden, für einen Kandinsky Fr. 200 000.—. Von Meistern
wie van Gogh, Gauguin, Matisse und Picasso ganz zu
schweigen, die buchstäblich unbezahlbar werden.
Eine Folge dieser Entwicklung ist es, daß uns ein sehr
schönes Bild entgangen ist, das seit längerer Zeit als Leihgabe
in unserer Sammlung hing und dessen Ankauf die Sammlungs-
kommission im Prinzip beschlossen hat. Das Werk befindet
sich heute in den Händen eines der größten amerikanischen
Kunsthändler.
Manchem Leser dieses Jahresberichts mögen solche Klagen
monoton erscheinen. Doch scheint es uns Pflicht, mit ceterum
censeo immer wieder auf diese Schwierigkeiten hinzuweisen.
Vergessen wir aber darüber das Positive nicht. Dank
der Hilfe einer Anzahl öffentlicher und privater Schenk- und
Leihgeber konnte die Sammlung doch um eine Reihe wert-
voller Werke erweitert werden. Besonders wichtig sind zwei