Volltext: Jahresbericht 1957 (1957)

weit in den Hintergrund. Nur noch die «Haarkappe» als 
Ganzes ist modelliert und gegenüber dem Gesicht abgesetzt. 
Am Backenbart erkennt man zudem noch eine unregelmäßige 
Bewegung der ursprünglichen Oberfläche; aber es findet keine 
plastische Gliederung dieser Masse mehr statt; es werden nicht 
mehr einzelne Haarbüschel herausgearbeitet und im Spiele 
miteinander verwoben, wie es die klassische Tradition lehrte 
und die Künstler noch bis ins erste Viertel des dritten Jahr- 
hunderts n. Chr. als selbstverständlich, wenn auch mit wech- 
selnden Intentionen, übten; sondern mit kurzen Meißelhieben 
hat der Bildhauer den Stein aufgerauht, um den Eindruck des 
teppichartigen Gefüges des kurzen Haares, des Bartes und der 
Stoppeln um die Lippen und am Halse hervorzurufen. Dabei 
folgte er dem Naturvorbild immerhin so weit, daß er auf den 
Wechsel der Richtungen Rücksicht nahm. 
Diese andeutende, vortäuschende Darstellungsweise spricht 
num eigentlich nicht mehr die gemeine Sprache der Plastik; 
sie scheint mehr in der Malerei ihre Wurzeln zu haben, 
wo sich eine verwandte illusionistische Technik denn auch 
schon viel früher findet. Nicht als ob die Plastik keine Mittel 
gefunden hätte, die borstige Frisur wiederzugeben. Eine 
Reihe von männlichen Bildnissen von durchweg vorzüglicher 
Qualität, die vielleicht einer besonderen Bildhauerschule ent- 
stammen, zeigt statt der negativen Meißelhiebe positiv her- 
ausgearbeitete kurze Flocken. Aehnlich sind die großen Bohr- 
löcher an der Stelle der Tränendrüsen und die harte, kantige 
Begrenzung der Mundwinkel zu bewerten, Daneben wird man 
nicht bestreiten können, daß ein sehr waches plastisches Leben 
in der schon etwas müden, welkenden Haut der Wangen und 
der furchigen Stirn spielt. Besonders bewegt war die expressiv 
wichtige Partie über der Nasenwurzel, wo die beiden Wulste 
zu beiden Seiten beim Sturze auf das Gesicht abgeschlagen 
wurden. Vor allem ist die räumliche Fülle des Kopfes als Gan- 
zes erfaßt und gerade durch die beschriebene Wendung nach- 
drücklich zur Anschauung gebracht. Im Vergleich zu früheren 
,
	        
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