Willen, diese zu meistern. Hier spiegelt sich die soldatische
Seite des Charakters wider, die jeden Gedanken an Sentimen-
talität ausschließt. Diese Präsenz soldatischen Pflichtbewußt-
seins ist echte Römerart. Sie schwingt selbst im Philosophieren
nicht nur des Kaisers Marcus, sondern selbst eines Seneca
immer wieder mit: vivere militare est, Leben heißt Soldat
sein. Bei dem hier Porträtierten sind zudem die scheinbaren
Aeußerlichkeiten des kurzgeschnittenen Haares und des
Stoppelbartes Ausdruck dieser Haltung. Sie sind eigentlich
Tracht des Soldaten, welche die aus der Mitte des Heeres auf
den Thron erhobenen Kaiser zur Mode gemacht hatten. Hier
ist kein Platz mehr für den schönen Schein der goldbestäubten
Locken, wie Commodus sie trug, noch für den gepflegten Philo-
sophenbart Hadrians und seiner Nachfolger. Eine Schlichtheit
des Gehabens und ein neuer Realismus stellen sich damit
ein, die, wohl nicht ganz unbeabsichtigt, an altrepublikani-
schen Geist gemahnen.
Wie die formalen Grundzüge, so ist auch der Ausdrucks-
gehalt des neuen Bildnisses nur zum einen Teil individuelle
Eigenart des Dargestellten und des Künstlers — leider bleibt
es bisher das einzige Zeugnis für diesen wie für jenen —, zum
andern ist beides der Epoche verpflichtet. In weit höherem
Maße, als wir uns wohl meist bewußt werden und als wir
zumal bei der Betrachtung von Porträts aus unserer eigenen
Umwelt wahrzunehmen vermögen, beruht auch das geistige
und seelische Leben, das in die künstlerisch gestaltete Physio-
gnomie Eingang gefunden hat, auf einem zeitbedingten Lebens-
gefühl. Und so fügt sich auch dieser Kopf — immerhin als
eines der bedeutendsten Glieder — in eine Reihe formal und
ausdrucksmäßig verwandter Werke ein, die sich chronologisch
um die Bildnisse des erbittertsten Christenfeindes, des Kaisers
Traianus Derius (249—951 u. Chr.)* und seines Nachfolgers
* Abb. 1, aus «Geld, Münze, Medaille», Ausstellung im Kunstgewerbe-
museum Zürich 1949, Tafel IX
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