Robert Delaunay: «Formes circulaires, Soleil, Lune»
Robert Delaunay war bisher in der Sammlung des Kunst-
hauses nicht vertreten; mit seinem Bild «Formes circulaires,
Soleil, Lune» (Oel auf Leinwand, 200 X 198 cm, signiert und
datiert unten links: r. delaunay 1912—1931) hat die Zürcher
Kunstgesellschaft ein repräsentatives Werk des französischen
Malers erworben — allein schon die Entstehungsdauer von
19 Jahren läßt deutlich werden, daß es sich hier um ein wich-
tiges Schaffenszeugnis des Meisters handeln muß. Der 1885
geborene, mitten im Krieg 1941 verstorbene Delaunay ist erst
in der letzten Zeit auf den Platz gerückt worden, der ihm
nach Anlage und Wirkung gebührt. Dabei markiert die große
Pariser Gesamtausstellung seines (Euvres vom Herbst 1957,
an der die «Formes circulaires» als Nr. 40 figurierten, die
wichtigste Etappe.
Delaunays Anfänge stehen im Zeichen des Neoimpressio-
nismus, Cezannes und schließlich der Fauves. In keiner Weise
geht diese Kunstübung indessen über das Mittelmäßige hin-
aus; ähnlich hat auch Mondrian mit Arbeiten begonnen, von
denen her gesehen die künftige Wendung zu revolutionären,
neuen schöpferischen Bereichen eher überraschend anmutet.
Bei Delaunay erfolgt diese Wendung in der Kontaktnahme
mit dem frühen Kubismus, und ihr erstes bedeutsames
Resultat, die früheste ganz persönliche Leistung des jungen
Künstlers, ist der Zyklus der Innenansichten von Saint-
Severin (1907—09). Der Chorumgang der gotischen Kirche
Saint-Severin zu Paris gelangt zur Wiedergabe, noch als gegen-
ständlich erkennbares Erscheinungsbild zwar, doch eine ellip-
tische Perspektive verwandelt das Interieur in eine von dyna-
mischen Kräften erfüllte und durchwaltete, bewegte Räum-
lichkeit.
Auf dem Weg über die «Tour Eiffel»-Serie (1910—12)
und deren explosive, von den Gestaltungsprinzipien des analy-
tischen Kubismus bestimmte Bildwelt kommt Delaunay hier-