Bei Anlaß der Eröffnung des neuen Ausstellungsbaues ist
es vielleicht am Platze, einmal auszusprechen, wie wir uns
die Ausstellungstätigkeit des Kunstmuseums der Stadt Zürich
denken. Es scheint uns angesichts der öffentlichen Mittel, die
wir beziehen, selbstverständlich, allen kunstinteressierten Tei-
len der Bevölkerung mit ihren verschiedenen Bedürfnissen zu
dienen und uns nicht irgend einer Gruppe oder einer be-
stimmten Tendenz zu verschreiben. So wie unsere Konzert-
häuser und Theater nicht nur Werke der Gegenwart und nicht
nur solche eines Landes oder gar einer Stadt zur Aufführung
bringen, so scheint es auch uns richtig, informativ zu wirken,
nach unseren Möglichkeiten hinzuweisen auf das Wertvolle
und Bedeutende in den verschiedenen Ländern und Zeiten.
Universalität also, nicht sektiererische Verengung des Blick-
winkels durch Gruppendoktrinen oder irgend einen Chauvi-
nismus.
Wir sind durchaus der Meinung, daß wir in unserer Zeit
leben und daß daher dem Schaffen unserer Zeit, soweit es
wertvoll und interessant ist, in den Ausstellungen ein weiter
Raum gebührt. Auf der andern Seite aber wissen wir, daß
die Kunst so alt ist wie die Menschheit und nicht erst bei
Picasso beginnt und daß alles, was Menschen mit der nötigen
Intensität geschaffen, immer wieder lebendig auf Menschen zu
wirken vermag; so wie wir ja auch nicht nur die letzten Neu-
erscheinungen lesen, sondern auch die Odyssee oder Racine
oder Gottfried Keller.
Universalität scheint uns angemessen für das Museum
einer Stadt wie Zürich, die je länger je mehr zu einem euro-
päischen Mittelpunkt wird und die nicht wie die alten Haupt-
städte Europas große Museen alter Kunst besitzt, die gleich
einer Bibliothek den Liebhabern alles zu bieten vermögen.
Universalität scheint uns im übrigen die unserer Stadt und
der Schweiz allein angemessene Haltung.
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